Full text: Kriegsbuch. Erster Band. (1)

448 C. Handelssachen und gewerbliches Eigentum. 
Doraussetzungen des § 1011 passen aber nicht für alle hier in Frage 
kommenden Fälle; sie sind insbesondere dann nicht gegeben, wenn der Ge- 
sellschafter an dem ausländischen Orte seinen Wohnsitz hat. Der Bundes- 
rat hat dakh##r bestimmt, daß auf Antrag eines Beteiligten, wenn die Be- 
stellung eines Hflegers nicht möglich ist, das Amtsgericht, in dessen Zezirk 
die Gesellschaft ihren Sitz hat, einen Dertreter zur Entgegennahme der 
Ladung sowie zur Ausübung der Rechte des Gesellschafters bei der Be- 
schlußfassung gebükrenfrei bestellen kann. Ein so bestellter Vertreter kann 
auch zur Ausübung sonstiger, dem Gesellschafter in bezug auf die Führung 
der Geschäfte zustehender Rechte ermächtigt werden, z. B. zur Ausübung 
der Rechte, die dem Gesellschafter in bezug auf die etwa für notwendig 
erachtete Einberufung einer neuen Dersammlung nach 8 50 des Gesetzes 
zusteten. Soweit möglich, wird sich der Vertreter mit dem Gesellschafter 
in Derbindung zu setzen und seine Weisungen einzuholen haben. Hierzu 
und zur sonstigen Dorbereitung des Dertreters wird die Frist von einer 
Woche, die nach § 51 des Gesetzes zwischen der Ladung und der Der- 
sammlung mindestens liegen soll, regelmäßig nicht ausreichen. Die Der- 
ordnung des Bundesrats gibt daber dem Gerichte die Befugnis, die 
Cadungsfrist zu verlängern, und zwar sowohl dann, wenn ein Dertreter 
auf Grund der neuen Derordnung, wie auch dann, wenn ein OÖPfleger 
nach den besteltenden Vorschriften bestellt ist. 
Literatur. 
Bendix, Kriegssonderrecht. — Schlegelberger, Kriegsrecht der freiwilligen Gerichts- 
barkeit, Gruchots Beitr. 59 252 ff. (Sonderabdr. 64 ff.). — Sintenis, Finanz= und wirt- 
schaftspolitische Kriegsgesetze. 
I. Allgemeine Zedeutung. 
Schlegelberger, Gruchots Beitr. 59 253 (65): Das Reichsgericht hat in R. 
60 144 ausgesprochen, daß die Einladung der Gesellschafter bereits mit der Auf- 
gabe der eingeschriebenen Briefe zur Post und nicht erst mit der Zustellung des 
Briefes als bewirkt anzunehmen sei, so daß die „kaum ernstlich in Betracht zu 
ziehende Gefahr einer gar nicht erfolgten Zustellung“ der einzelne Gesellschafter 
und nicht die Gesellschaft trage. Abweichend hiervon wird bei Staub-Hachen- 
burg, Gmbp# G.“ 4 a zu § 51 ausgeführt, daß zwar der Fristlauf mit der Auf- 
gabe des eingeschriebenen Briefes zur Post beginne, die Ladung selbst aber als 
empfangsbedürftiges Geschäft erst wirksam werde, wenn sie dem Geladenen tat- 
sächlich zugehe. Selbst wenn der Standpunkt des R. zutrifft, verstieße eine 
Ladung durch eingeschriebenen Brief gegen Treu und Glauben, wenn der Ein- 
berufer weiß, daß der Brief nicht bestellt werden kann, so wenn ihm bekannt ist, 
daß der Gesellschafter sich nicht mehr an seinem auf der Briefaufschrift an- 
gegebenen Wohnorte befindet, sondern als Kriegsteilnehmer „vermißt“ wird. Im 
Rechtssinne kann in einem solchen Falle die Ladung durch eingeschriebenen 
Brief auch dann nicht erfolgen, wenn man mit dem RE. für den Regelfall die 
Aufgabe zur Post zur Wirksamkeit der Ladung für ausreichend erachtet. Die 
Ladung kann auf diese Weise ferner dann nicht erfolgen, wenn der Empfänger 
sich im feindlichen Ausland oder im inländischen Gebiete beschränkten Post- 
verkehrs aufhält und die Beförderung eingeschriebener Briefe aus diesem Grunde 
unterbleiben muß. Die Bek. vom 8. Oktober 1914 soll trotzdem die Möglichkeit 
ordnungsmäßiger Einberufung einer Versammlung selbst für den Fall sicherstellen, 
daß nicht die Satzung eine Einberufung durch Bekanntmachung in öffentlichen 
Blättern oder in ähnlicher Art zuläßt (6 45 Abs. 2 Gmb G.).
	        
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