38 A. Das Sonderrecht der Kriegsteilnehmer.
Ersatzzustellung (Zustellung an Gewerbegehilfen, an Gehilfen oder Schreiber von
Rechtsanwälten, Notaren oder Gerichtsvollziehern, an Familienangehörige, Dienst-
boten, Hauswirt oder Vermieter; Zustellung durch Niederlegung bei einer Be-
hörde) ist unzulässig.
Handelt es sich um Angehörige eines im Auslande befindlichen oder eines
mobilen Truppenteils oder der Besatzung eines in Dienst gestellten Kriegsfahr-
zeuges und ist die Zustellung im Geschäftslokale der Kommandobehörde nicht
ausführbar, so hat der Vorsitzende des Prozeßgerichts die Zustellung nach §§ 201,
202 ZPO. zu veranlassen. Das gleiche gilt, wenn an eine nicht zu den Unter-
offizieren oder Gemeinen gehörende Militärperson weder persönlich noch ersatz-
weise zugestellt werden kann.“
fe- RG. IV DS38. 15 424, Recht 15 231 Nr. 421: Durch § 172 8O. ist
eine Ersatzzustellung für die vorbezeichneten Miliärpersonen an Familienan-
gehörige oder Dienstboten nach Maßgabe des § 181 3P#O., wie in Übereinstimmung
mit der Verf. des preuß. Justizministers vom 2. September 1914 (oben ca) an-
zunehmen ist, ausgeschlossen. Die Gestaltung des vorliegenden Falles nötigt nicht
dazu, auf die sehr bestrittene Frage einzugehen, ob auch eine Zustellung, die trotz der
Vorschrift des § 172 8PO. an die Militärperson selbst erfolgt, gültig ist. Die
angeführte Bestimmung der 3PO. bietet, wenn sie auch aus Rücksichten der
miliärischen Unterordnung erlassen sein mag, den darin bezeichneten Angehörigen
des aktiven Heeres gleichzeitig eine gewisse Sicherheit dafür, daß die für sie be-
stimmten Zustellungen sie auf dienstlichem Wege erreichen. Dieser Schutz kann
den genannten Personen nicht dadurch entzogen werden, daß an Stelle des Zu-
stellungsweges im § 172 3PO. ohne Rücksicht auf ihre Zugehörigkeit zum
aktiven Heere irgend eine Art von Ersatzzustellung vorgenommen wird.
J. Recht 14 748 (LG. Leipzig): Ersatzzustellung an Kriegsteilnehmer zu
Händen von Familienangehörigen ist unzulässig. 9172 3PO., wonach die
Zustellung für Unteroffiziere oder Gemeine des aktiven Heeres an den Chef der
zunächst vorgesetzten Kommandobehörde erfolgt, ist zwingender Natur und gilt
auch für den Kriegszustand. Eine Ersatzzustellung nach §§ 181 ff. an die jetzt
beim Heere befindlichen Angehörigen der Reserve, der Landwehr usw., soweit sie
nicht dem Offiziersstand angehören, ist daher unzulässig.
35. Lövenwarter, 3W. 14 950: Durch die oben c aufgeführte Verordnung
ist bestimmt worden, daß die Zustellung gemäß § 172 3PO. an den Chef der
vorgesetzten Kommandobehörde (Kompanie, Eslkladron, Batterie) erfolgen müsse.
Hiernach dürfte aber die Zustellung einer Klage so großen praktischen Schwierig-
keiten begegnen, daß die Frage, ob die Klagerhebung an sich einen Zweck habe,
aus diesem einfachen Grunde bereits verneint werden muß. Denn es ist nicht
einzusehen, auf welche Weise z. B. eine Klage an einen Kriegsteilnehmer, der
sich in Nordfrankreich oder in der russischen Provinz Suwalki befindet, gemäß
8 172 ZPO. zugestellt werden kann. Es wäre weit zweckmäßiger gewesen,
statt des Zeitpunktes der Zustellung den der Einreichung der Klageschrift zu
wählen.
b) Sonstige Zustellungsfragen.
a. VO. des SächsM. vom 18. Januar 1915, Sächs RpflA. 15 110: Das
Deutsche Reich hat gegenwärtig in Belgi en weder eine konsularische noch eine
diplomatische Vertretung, durch welche die nach den §§ 199 —202 ZPO. auszu-
führende Zustellung an die im Auslande wohnende Partei vorgenommen werden
könnte. Das unmittelbare Ersuchen einer belgischen Behörde um die Zustellung
wäre schon vor dem Ausbruche des Krieges unzulässig gewesen und kann auch
jetzt nicht in Frage kommen, da hierfür die Zulässigkeit des unmittelbaren Ge-