Bek. über d. Verkehr m. Brotgetr. u. Mehl a. d. Erntejahr 1915 v. 28. Juni 15. § 2. 589
) Einwirkung auf Lieferungsverträge.
a. Heinrici 3 vor §8§ 3, 4 a. F.
S#. Verträge über die Lieferung von Getreide. Ihre Erfüllung
wird durch die Beschlagnahme regelmäßig unmöglich, da der Verkäufer über seine
eigenen Vorräte infolge der Beschlagnahme nicht mehr verfügen und Getreide von
anderer Seite aus dem gleichen Grunde nicht erhalten kann. Aus dem Ausland
einzuführendes Getreide, das nach § 45 sjetzt § 68) den Vorschriften der Verord-
nung nicht unterliegt, kommt regelmäßig nicht in Betracht. Inländisches Getreide
würde der Verkäufer nur mit Zustimmung der Kriegsgetreidegesellschaft mb H. in
Berlin liefern können. Da die K. jedoch alle Bestände sammeln und zur plan-
mäßigen Verteilung der Reichsverteilungsstelle zur Verfügung halten soll, ist nur
in Ausnahmefällen damit zu rechnen, daß sie die Zustimmung gibt. Der Ver-
käufer wird daher, wenn nicht ganz besondere Umstände vorliegen, die die Er-
teilung der Zustimmung wahrscheinlicher machen, nicht für verpflichtet zu erachten
sein, sie einzuholen. Trotz der Unmöglichkeit äußert der Vertrag indessen recht-
liche Wirkungen. Hat der Verkäufer, wie es beim Landwirt meist der Fall ist.
aus seinen Beständen verkauft, und erhält er bei der Ubereignung an die KG.
demnächst einen Übernahmepreis, so kann der Käufer nach § 281 BE. Heraus-
gabe des gezahlten Preises verlangen; da er in diesem Falle seinerseits den Kauf-
preis zu zahlen hat, läuft das Recht praktisch darauf hinaus, daß er, falls der
Übernahmepreis höher als der Kaufpreis ist, den Unterschied zwischen beiden
erhält. Besonderes gilt für Deputat= und Altenteilsverträge und für die Liese-
rung von Saatgetreide. Diese letztere ist im § 4 Abs. 4b freigelassen, so-
weit es sich um anerkanntes Saatgetreide handelt; die Vertrage bleiben also
unberührt, vorausgesetzt, daß, was regelmäßig zutreffen wird, für Saatzwecke
ver= und gekauft ist. Ist anderes als anerkanntes Saatgetreide für
Saatzwecke verkauft, so ist der Verkäufer verpflichtet, sich um die Genehmigung
der Lieferung durch die zuständige Behörde zu bemühen; diese wird durchweg
erteilt werden. Nach der Enteignung ist die Erfüllung der Lieferungsver-
träge, soweit nicht freigelassene Vorräte zu liefern sind, unmöglich.
32. Verträge über die Lieferung von Mehl. Hier ist zu beachten,
daß Händlern und Handelsmühlen nach § 4 Abs. 4e (a. F.) erlaubt ist, / der bis-
herigen Monatsmengen weiterzuliefern. Der Verkäufer ist daher rechtlich in der
Lage, in diesen Grenzen die zur Erfüllung laufender Verträge erforderlichen
Mengen seinen Vorräten zu entnehmen oder sich anderweit zu verschaffen. Es
wird im Einzelfalle zu prüfen sein, inwieweit die Erfullung hiernach möglich ist
oder nicht; hat er z. B. nur ¼ seiner Monatsmengen vertraglich verschlossen,
und besitzt er Vorräte in dieser Höhe, so kann er seine Verträge voll erfüllen.
Reichen seine Vorräte nicht aus, und sind seine Versuche, Mehl anderweit zu
erlangen, erfolglos, so wird zu prüfen sein, ob er alles getan hat, was billiger-
weise von ihm verlangt werden kann; je nachdem liegt unverschuldete Unmöglich-
keit mit den unter n angedeuteten Folgen oder verschuldetes Unvermögen mit
den aus § 325 Bh. sich ergebenden Folgen vor. Mit Zustimmung des aus
der Beschlagnahme berechtigten Kommunalverbandes können weitere Mehlmengen
geliefert werden. Um diese Zustimmung wird der Verkäufer sich bemühen müssen,
sofern Aussicht besteht, sie zu erhalten. Die Aussicht ist eine größere als beim
Getreide. In der Beschlagnahmezeit wird vielfach eine Mehlknappheit eintreten,
der durch die im § 4 Abs. 4e freigelassenen Mengen allein nicht gesteuert werden
kann; der Kommunalverband wird vielmehr in gewissem Umfange weitere Mehl-
mengen freilassen. Ob im Einzelfall Aussicht auf die Zustimmung besteht, kann
nur unter Würdigung aller Umstände beantwortet werden. Bei Lieferungen
innerhalb des Kommunalverbandes wird die Aussicht eine höhere sein, als wenn