Full text: Kriegsbuch. Erster Band. (1)

44 A. Das Sonderrecht der Kriegsteilnehmer. 
Fällen Vorstandsmitglieder zu bestellen, und diese auch für das Liquidations- 
verfahren geltende Vorschrift (§ 48 Abs. 1 BGB.) ist nach der Ansicht des 
Kammergerichts (Beschluß vom 2. 12. 0I, KG J 23 A 105) auch auf die 
handelsrechtlichen Gesellschaften, insbesondere die Aktiengesellschaft und die Ge- 
sellschaft mit beschränkter Haftung, zu übertragen; bei der Genossenschaft kann 
der Ausfsichtsrat einzelne seiner Mitglieder zu Stiellvertretern von behinderten 
Vorstandsmitgliedern bestellen (§ 37 Abs. 1 Satz 2 Gen G.). 
#. Menner, JW. 15 7: Juristischen Personen werden die Vorteile des 
KTSchG. überhaupt nicht zuteil. Wenn also z. B. alle Mitglieder des 
Vorstandes einer Aktiengesellschaft, alle vertretungsberechtigten Geschäftsführer 
einer GmbH. in ein im § 2 Abs. 1 Ziff. 1 bis 3 Kch G. näher bezeichnetes 
Verhältnis eintreten, so nimmt der von der Gesellschaft oder gegen sie geführte 
Rechtsstreit gleichwohl seinen Fortgang. Wie § 241 Abs. 1 3PO. neben der 
Vorschrift des § 239 3PO. notwendig war, um dem Tode des gesetzlichen Ver- 
treters einer Prozeßpartei und dem Wegfalle seiner Vertretungsbefugnis eine 
Wirkung auf das anhängige Streitverfahren einzuräumen, so wäre auch neben 
dem § 2 Abs. 1 und dem § 9 Abs. 1 noch eine ausdrückliche Bestimmung er- 
forderlich gewesen, welche der Kriegsteilnahme des gesetzlichen Vertreters einer 
juristischen Person einen Einfluß auf die Fortführung des sie betreffenden 
Prozesses verleiht. 
1. v. Harder, JW. 14 1046: Die Gläubiger der Kriegsteilnehmer laufen 
Gefahr, daß diese die Unmöglichkeit gerichtlicher Schritte gegen sie zu durch Be- 
vollmächtigte zu bewirkende Schiebungen benutzen, gegen die um so weniger etwas 
zu machen ist, weil die Anfechtungsfristen laufen. Diesen Nachteil müssen die 
Gläubiger in Kauf nehmen, wenn es sich um Personen handelt, die ihr Leben 
für die Allgemeinheit aufs Spiel setzen. Aber man kann ihnen nicht zumuten, 
ihn auch juristischen Personen gegenüber auf sich zu nehmen. Handelt es sich 
doch nicht immer um Prozesse, die nur von Geschäftsführern persönlich geführt 
werden können; die Gesellschaft m. b. H. z. B. ist trotz der Abwesenheit der bis- 
herigen Geschäftsführer durch nichts an der Fortsetzung ihres Geschäftsbetriebs 
durch Prokuristen oder Handlungsbevollmächtigte gehindert. Diese können For- 
derungen erwerben und Verpflichtungen übernehmen. Die Forderungen können 
sie einklagen, wegen der Schulden soll kein Prozeß ohne ihren Willen geführt 
werden können. Fällt ein Geschäftsführer oder muß er infolge von Verletzungen 
im Kriege seine Stelle aufgeben, so muß sich ohnehin jemand anders einarbeiten. 
Es mag freilich juristische Personen geben, die in Abwesenheit ihres gesetzlichen 
Vertreters keine Geschäfte machen. Aber sie bilden zweifellos die Ausnahme. 
So einschneidende gesetzliche Bestimmungen hätten sich aber nur rechtfertigen 
lassen, wenn für die Mehrzahl ein Bedürfnis anzuerkennen wäre. 
X. Sieskind, a. a. O. 15: Der Schutz erstreckt sich nur auf natürliche 
Personen, die in ein in den Ziffern 1—3 näher unschriebenes Kriegsverhältnis 
treten, und wird in § 9 auf diejenigen natürlichen Personen ausgedehnt, die 
prozeßunfähig sind, aber durch eine Kriegsperson gesetzlich vertreten werden. Aus- 
geschlossen sind mithin alle juristischen Personen, gleichviel welcher Art, und zwar 
auch dann, wenn der Kriegsdienst sie ihrer sämtlichen gesetzlichen Vertreter 
beraubt. 
u. Sintenis, a. a. O. 118: Auf Vorstände von Aktiengesellschaften und 
sonstigen juristischen Personen bezieht sich die Vorschrift nicht, selbst wenn sämt- 
liche Vorstandsmitglieder am Kriege teilnehmen. Es ist hier Sache der be- 
rufenen Organe, insbesondere des Aufsichtsrats, Abhilfe zu schaffen: sei es durch 
Bestellung neuer Vorstandsmitglieder, sei es durch Abordnung von Ausfsichtsrats- 
mitgliedern in den Vorstand gemäß § 248 Abs. 2 HGB.
	        
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