Bekanntmachung über Reis vom 22. April 1915. 667
Der Reichskanzler bestimmt die Bedingungen, unter denen die Zen-
tral-Einkaufs-Gesellschaft m. b. H. die von ihr übernommenen Mengen
zu verteilen und abzugeben hat.
§ 7.
Der Reichskanzler kann von den Vorschriften dieser Verordnung
Ausnahmen gestatten.
88.
Die Vorschriften dieser Verordnung beziehen sich nicht auf Gegen—
stände der im § 1 bezeichneten Art, die selbst oder deren Rohstoffe
nachweislich nach dem 26. April 1915 aus dem Ausland eingeführt
worden sind.
89.
Mit Gefängnis bis zu sechs, Monaten oder mit Geldstrafe bis zu
fünszehntausen Mark wird bestraft:
wer die im § 1 vorgeschriebenen Anzeigen nicht erstattet oder wer
wissentlich unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2. wer unbefugt Mengen, die von einer Aufforderung nach § 2 Abf. 1
betroffen sind, beiseite schafft, beschädigt, zerstört oder verbraucht,
3. wer einer Verpflichtung nach § 2 Abs. 2 Satz 3 zuwiderhandelt.
8 10.
Die Landeszentralbehörde erläßt die Bestimmungen zur Ausführung
dieser Verordnung. Sie bestimmt, wer als höhere Verwaltungsbehörde,
als zuständige Behörde und als Kommunalverband im Sinne dieser
Verordnung anzusehen ist.
8 11.
Diese Verordnung tritt mit dem Tage der Verkündung in Kraft.
Der Reichskanzler bestimmt den Zeitpunkt des Außerkrafttretens.
Begründung.
(D. N. 111 35.)
Bei Kriegsausbruch waren in Deutschland beträchtliche Reismengen vor-
handen, die inzwischen, soweit sie nicht verbraucht sind, großenteils in die hände
der Konsumenten und des Kleinhandels einschließlich der Konsumvereine, sowie
in den Besitz von Großhändlern, die hergebrachtermaßen regelmäßig in ihrem
Bezirke den Kleinhandel versorgen, übergegangen sein werden. Zuch die heeres-
verwaltungen und die Marineverwaltung sowie manche Kommunalverbände
haben sich mit erheblichen Beständen versehen. In diese natürliche Dersorgung
des Konsums einzugreifen, liegt kein Knlaß vor. Daneben sind aber nicht geringe
Reismengen in den händen von Dersonen, die sie anscheinend in Erwartung
noch höherer Dreise spekulativ zurückhalten. Die auf Grund des §3 des soge-
nannten Ermächtigungsgesetzes ergangene Bekanntmachung über Reis vom
22. Kpril 1915 (Reichs-Gesetzbl. 5. 237), die dem Reiche die Derfügung über diese
Reismengen sichern will, ist erlassen, um in Sällen besonders dringenden Be-
dürfnisses, die in den letzten Monaten vor der neuen Ernte möglicherweise örtlich
auftreten werden, mit Reisbeständen helfend eingreifen zu können. Das Reich