Full text: Kriegsbuch. Erster Band. (1)

Kriegsteilnehmerschuzgesetz vom 4. August 1914. 82. 57 
juristischen Personen im wesentlichen gleichartigen formalen Behandlung der 
offenen Handelsgesellschaft im Zivilprozeß. Auch die Absicht des Gesetzgebers, 
die zur freiesten Auslegung des Gesetzes verwertet werden dürfte, führt nicht zur 
Anwendung des Kriegsgesetzes auf die offene Handelsgesellschaft als einer dem 
Sinne gemäßen. Das Gesetz will nur die physischen Personen und nur gegen die 
unmittelbaren Nachteile ihrer Behinderung an der eigenen Führung des Rechts- 
streits schützen. Berücksichtigt man, daß die persönliche Beteiligung eines Gesell- 
schafters, namentlich auch des Geschäftsführers, der zudem der einzige Gesellschafter 
sein kann, bei der Gmb. eine der Beteiligung des Mitgliedes einer offenen 
Handelsgesellschaft sehr oft gleiche, ja erheblichere ist und daß der Gesetzgeber für 
diese wichtige Organisation keinen Kriegsschutz angeordnet hat, so würde es bedenklich 
sein, die auf die theoretische Bezeichnung der offenen Handelsgesellschaft als 
Prozeßpartei für zutreffend erachtete Gesetzesfassung zu der weiteren Auslegung 
zu verwerten und den mit dem Kriegsschutze verbundenen Eingriff in den Rechts- 
kreis nicht nur der Prozeßgegner, sondern auch der anderen Teilnehmer der offenen 
Handelsgesellschaft auszudehnen. Demnach hält der Senat als der Fassung und 
Absicht des Gesetzes die Auslegung entsprechend, wonach das Gesetz auf Prozesse 
(und Konkurse) der offenen Handelsgesellschaft keine Anwendung findet und den 
kriegsbeteiligten Gesellschaftern eine nach Lage des besonderen Falles nötige Hilfe 
im Prozesse nur etwa nach §§ 228 und 247 3PO. gewährt werden kann. 
u#.Leipz3. 15 152 5 (Celle I): Bei der Gesellschaft des bürger- 
lichen Rechts ist die Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen nach § 736 ZPO. 
nicht eher möglich, als bis gegen alle Gesellschafter ein Urteil ergangen ist. Der 
im Felde befindliche Gesellschafter kann also bei der Aufnahme des Verfahrens gegen 
ihn durch etwaige begründete Einwendungen nicht nur die Vollstreckung in sein 
Privatvermögen, sondern auch die in das Gesellschaftsvermögen hindern. Ferner 
ist zu beachten, daß der Gläubiger einer bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft wegen 
einer Forderung gegen diese auch einzelne Gesellschafter verklagen kann, ohne daß 
diese gegenüber der Klage aus den Vorschriften der §§ 709 f. BGB. über die 
Gemeinschaftlichkeit der Geschäftsführung und Vertretung Einwendungen herleiten 
können. Damit würde es nicht im Einklange stehen, wenn man bei einer gegen 
alle gerichteten Klage im Falle, daß bei einem Gesellschafter die Voraus- 
setzungen für die Aussetzung gegeben sind, den übrigen das Recht gewähren 
wollte, auch für sich Aussetzung zu verlangen. 
ux. Recht 14 732 (Stuttgart): Der § 2 findet auf offene Handelsgesellschaften 
jedenfalls dann keine Anwendung, wenn nicht sämtliche vertretungsberechtigte 
Gesellschafter nach Maßgabe des § 2 verhindert sind. 
XX. DJZ. 15 115, Recht 15 112 Nr. 239, 272, Leipz3. 15 69, Nr. 9 (Colmar IV.: 
Bei einer Kommanditgesellschaft ist die Aussetzung des Verfahrens unzulässig, 
wenn nur ein Gesellschafter im Felde steht. 
un. DTZ. 14 1306 (Braunschweig): Ob bereits die Kriegsbehinderung eines 
von zwei Inhabern einer offenen Handelsgesellschaft die Aussetzung gemäß 82 
Kch G. vom 4. August 1914 rechtfertigen würde, ist bestritten. Teilweise wird 
diese Frage verneint, teilweise bejaht. Allein, wenn man sich auch wenigstens für 
den hier vorliegenden Fall, wo auch der kriegsbehinderte Teilhaber geschäfts- 
führender Mitgesellschafter ist, der bejahenden Ansicht anschließen muß, so folgt 
daraus noch nicht, daß der Vertagungsantrag gerechtfertigt ist, wenn die Partei 
von ihrer Aussetzungsbefugnis keinen Gebrauch macht. Der Antrag ist dann ohne 
Rücksicht auf den Kriegszustand zu beurteilen. Dabei kommt ausschlaggebend in 
Betracht, daß es sich hier nur um Rechtsfragen und die Auslegung von Urkunden 
handelt. Auch wenn also der Briefwechsel zwischen den Gesellschaftern zurzeit 
erschwert sein sollte, würde aus der Fortführung des Prozesses der Klägerin kein
	        
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