Full text: Kriegsbuch. Erster Band. (1)

820 F. Beschaffung u. Verteilung d. Arbeitskräfte. Arbeiterschutz. Kriegswohlfahrtspflege. 
Solange dies bei einer Orts- oder Landkrankenkasse geschieht, kann 
der Gemeindeverband einem Vertreter das Amt des Kassenvorsitzenden 
übertragen. 
Gemeindeverbände sind die von der obersten Verwaltungsbehörde 
auf Grund der Reichsversicherungsordnung § 111 Ziffer 2 hierzu be- 
stimmten Verbände. 
§ 3. 
Für die Dauer des gegenwärtigen Krieges werden die Vorschriften 
der Reichsversicherungsordnung über die hausgewerbliche Kranken- 
versicherung außer Kraft gesetzt. Laufende Leistungen und fällige 
Beiträge bleiben unberührt. 
Auf übereinstimmenden Antrag der beteiligten Gemeinde oder des 
Gemeindeverbandes und des Vorstandes der Krankenkasse kann das 
Ober--Versicherungsamt genehmigen, daß die hausgewerbliche Kranken- 
versicherung durch statutarische Bestimmung geregelt wird. Das Ober- 
Versicherungsamt entscheidet endgültig. 
84. 
Der Bundesrat wird ermächtigt, den Zeitpunkt zu bestimmen, zu 
welchem dieses Gesetz wieder außer Kraft tritt. 
86. 
Dieses Gesetz tritt mit seiner Verkündung in Kraft. 
Begründung. 
Es steht zu befürchten, daß im gegenwärtigen Kriege manche Krankenkassen 
leistungsunfähig werden, weil sie mit den eingezogenen Hrbeitern gute Risiken 
und entsprechend hohe Beiträge einbüßen und weil ihnen infolge Krbeitslosigkeit 
Beiträge wegfallen, dagegen viele Krankheitsfälle zur Last fallen werden. Dies 
gilt besonders für neu errichtete Nassen, die naturgemäß noch keine größeren Rück- 
lagen besitzen. Kußerdem werden manche Nrankenkassen vorübergehend zahlungs- 
unfähig werden, weil sie nicht schnell genug genügende Barmittel werden auf- 
treiben können. Sür leistungsunfähige Kassen haben nach der Reichsversicherungs- 
ordnung bei Orts= und Landkrankenkassen der Gemeindeverband, bei Betriebs- 
krankenkassen der Krbeitgeber und bei Innungskrankenkassen die Innung aus 
eigenen Mitteln Beihilfen zu leisten. Diese Juschußpflicht beginnt nach §§ 390, 391 
der Reichsversicherungsordnung erst, wenn die Leistungen der Kassen auf die 
Regelleistungen vermindert sind und die Beiträge auf sechs vom Hundert des 
Grundlohns erhöht sind. Beides setzt Satzungsänderungen voraus, die auf dem 
normalen Wege der Beschlußfassung durch die Organe und der Genehmigung 
durch die Dersicherungsbehörden nur unter beträchtlichem eitablauf erreichbar 
sind. In vielen ällen werden daher die Kassen leistungsunfähig geworden sein, 
ehe die Hilfe intritt. 
Für nocmale eiten, in denen derartige Sälle nur ausnahmsweise vorkommen, 
gibt § 391 dem Dersicherungsamt die Befugnis, solche nötigen Satzungsänderungen 
durch Derfügung vorläufig anzuordnen. Dies ist indessen nur eine Möglichkeit, 
so daß keine Gewähr dafür besteht, ob die zurzeit mit anderen Geschäften über- 
lasteten Behörden dies rechtzeitig in Angriff nehmen. Zußerdem wird die herab- 
setzung der Ceistungen bei den Krbeitern schmerzlich empfunden werden. Dasselbe
	        
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