Bek., betr. die Überwachung ausländischer Unternehmungen, vom 22. Oltober 1914. 877
nur zur Beendigung schwebender Geschäfte eingehen. Ebensowenig wie die
Liquidatoren des HGB. dürfen sie also eine neue Niederlassung begründen, den
Sitz des Unternehmens verlegen oder seine Firma ändern. Innerhalb ihres
Wirkungskreises sind sie aber für den gesamten Rechtsverkehr namentlich auch
Behörden gegenüber unter Ausschaltung vorhandener Inhaber oder Willens-
vertreter als gesetzliche Vertreter der natürlichen oder juristischen Person an-
zusehen, für deren Unternehmen sie bestellt sind, und an dem rechtlichen Bestande
dieser Vertretungsmacht (im Gegensatze zu ihrer Betätigung) kann auch eine
Anordnung der Aussichtsperson nichts ändern. Zur Begründung einer solchen
Vertretungsmacht bedurfte das Gericht besonderer gesetzlicher Ermächtigung Auf
Grund der §§ 29, 48 BGB. konnte ausreichende Abhilfe nicht geschafft werden,
weil es sich nicht lediglich um die Besetzung eines noch nicht besetzten oder ver-
waisten Amtes, sondern um die Schaffung einer Rechtslage handelt, die ein
solches Amt erst erfordert. Handelsrechtlich gesprochen liegt nicht nur die Er-
nennung von Liquidatoren, sondern die Anordnung der Liquidation vor.
2. Josef, Gruchots Beitr. 59 418: Der Vertreter hat gegenüber den Ge-
hilfen die Stellung des Dienstherrn.
3. Recht 15 177 Nr. 362 (LG. Leizig): Der nach Art. 1 bestellte Vertreter
hat die Vollmacht, selbständig Prozesse für die von ihm vertretene Firma zu
führen, soweit sie laufende Geschäfte oder solche Geschäfte betrifft, die zur Be-
endigung von laufenden Geschäften eingegangen werden. Dies folgt daraus,
daß der Vertreter die laufenden Geschäfte der unter Aussicht gestellten Unter-
nehmung und Zweigniederlassung ganz oder teilweise zu beendigen hat, denn die
Beendigung eines laufenden Geschäfts wird vielfach nur im Prozeßwege möglich sein.
II. Doraussetzungen für die Dertreterbestellung.
Schlegelberger, GruchotsBeitr. 59 265 (SAbdr. 77): Die sachlichen
Voraussetzungen für die Vertreterbestellung ergeben sich aus Art. 1 Abs. 1:
a) Anordnung der Aussicht über die Unternehmung oder Zweigniederlassung
durch die Verwaltungsbehörde und b) entweder a. Nichtvorhandensein eines
Willensträgers oder Vertreters im Inland oder B8. Nichtwahrnehmung der Geschäfte
durch den vorhandenen Willensträger oder Vertreter. Die Voraussetzung zu ba
liegt schon dann vor, wenn ein mit allgemeiner Vollmacht versehener Ver-
treter nicht vorhanden ist. Der Umstand, daß ein Angestellter zu einzelnen
Rechtshandlungen für das Unternehmen befugt ist, steht nach dem Zwecke der
Verordnung der handelsgerichtlichen Bestellung eines Vertreters nicht im Wege.
III. Suständigkeit und Derfahren.
1. Schlegelberger, Gruchots Beitr. 59 265 (Sübdr. 77): Zuständig ist
das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Unternehmung oder Zweigniederlassung
„ansässig“ ist. Entscheidend also der Sitz der Unternehmung. Dieses gilt für
Hauptniederlassungen. Bei Zweigniederlassungen entscheidet rein tatsächlich der
Niederlassungsort. Zu beachten ist, daß auch diese Vertretungsanordnung nicht
etwa dem Registergericht als solchem übertragen ist.
2. Schlegelberger, Gruchots Beitr. 59 265 (SüAbdr. 77): Antragsberechtigt
ist nur die Aussichtsperson.
3. Schlegelberger, GruchotsBeitr. 59 266 (SAbdr. 78): Ist der An-
trag von der Aufsichtsperson gestellt und ihre Bestellung nachgewiesen, so hat
das Gericht von Amts wegen zu prüfen, ob die Voraussetzungen zu I vorliegen.
Grundlage der Prüfung wird der von der Aussichtsperson mit dem Antrage ge-
gebene Sachbericht sein. Die Rechtmäßigkeit der Aufsichtsanordung
ist vom Gerichte nicht zu prüfen.