890 6. Vergeltungsmaßregeln.
gefordert werden (§ 2). Bei Wechseln wird durch das Jahlungsverbot und die
Stundung die zeit für die Dorlage des Wechsels zur Jahlung und für die Protest-
erhebung bis nach dem Kußerkrafttreten der Derordnung hinausgeschoben (§ 4).
Die Stundungseinrede kann durch btretung des Anspruchs an Dersonen, die
außerhalb Englands wohnen, nicht beseitigt werden; sie steht vielmehr auch den
Erwerbern des Anspruchs entgegen. Dem Erwerber ist gleichgestellt, wer durch
Erfüllung des Anspruchs nach dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis einen
Erstattungsanspruch gegen den Schuldner erlangt; er kann diesen Erstattungs-
anspruch bis auf weiteres gegen den Schuldner nicht geltend machen. Nicht ge-
troffen werden jedoch Erwerber, die im Inlande wohnen, wenn der Erwerb vor
dem Inkrafttreten der Derordnung, und Erwerber im außerbritischen Kuslande,
wenn der Erwerb vor dem Kusbruche des Krieges stattgefunden hat (§ 2 Kbf. 2;
die Beweislast für den Jeitpunkt des Erwerbs trifft den Erwerber. Ist der Kn-
spruch zugunsten eines Rechtsnachfolgers einmal von der Stundungseinrede
befreit, so gilt dies auch für etwaige weitere Rechtsnachfolger, und zwar ohne
Rücksicht auf den zeitpunkt ihres Erwerbs.
Einer Klarstellung bedurfte die Srage, wie es mit inländischen Niederlassungen
von solchen Unternehmungen gehalten werden soll, die in England ihren haupt-
sitzbaben. Da es nicht in der Kbsicht der Derordnung lag, derartigen Nieder=
lassungen die Durchführung ihrer Ansprüche unmöglich zu machen, ist im § 5 der
Derordnung vorgesehen, daß das -zahlungsverbot und die Stundung nicht Platz
greifen, soweit es sich um eine im Inland erfolgende Erfüllung von Knsprüchen
handelt, die für Unternehmungen mit ausländischem Hauptsitz im Betrieb ihrer
im Inland unterhaltenen Niederlassung entstanden sind. Die Niederlassungen
dürfen selbstverständlich ihrerseits das ihnen gezahlte Geld nicht nach England
abführen; Juwiderhandlungen fallen unter die Strafvorschrift und können
außerdem durch die Bestellung von Kufsichtspersonen nach der Derordnung vom
4. September verhindert werden. Eine besondere Dorschrift ist mit Rücksicht auf
die überseeischen Geschäfte deutscher Naufleute getroffen worden. Infolge der
kriegerischen Ereignisse, namentlich infolge der Beschlagnahme verkaufter und
verschiffter Waren und der Schließung deutscher Geschäftsfilialen im Kuslande,
kommen unter Umständen gegenwärtig Wechsel, die von deutschen Naufleuten
auf ihre ausländischen Kunden oder sonst auf das Kusland gezogen sind, nicht
zur Einlösung. Befinden sich solche Wechsel in den händen deutscher Nieder=
lassungen englischer Gesellschaften, so sollen auch diese Niederlassungen bis auf
weiteres nicht berechtigt sein, wegen der ichteinlösung der Wechsel Rückgriffs-
ansprüche wechselrechtlicher oder zivilrechtlicher Krt in Deutschland geltend zu
machen (§5 Satz 2).
Zahlungsverbot gegen England.
(Nordd Allg Ztg. vom 1. Oktober 1914. 2. Ausg.).
England hat bekanntlich in dem wirtschaftlichen Kriege, den es gegen uns
führt, zu Mitteln gegriffen, die bisher bei anderen Nationen nicht üblich gewesen
sind. Seinen prinzipiellen und allgemeinsten Ausdruck findet der englische Stand-
punkt in dem Verbote des Handels mit dem Feinde. Jeder Handel mit Per-
sonen, die in Deutschland wohnen, ja auch jeder Handel mit Deutschen, die in
neutralen europäischen Staaten wohnen, jede Warenlieferung nach Deutschland
und jede Zahlung nach Deutschland werden in England als Verbrechen bestraft.
Gewiß ist das englische Vorgehen nicht geeignet, unserer Volkswirtschaft ihre
Widerstandskraft zu nehmen und im Ergebnis wird Englands Handel vielleicht
schwerer geschädigt als der unsere.