904. G. Vergeltungsmaßregeln.
etwa auf dem Umwege über das neutrale Kusland — den feindlichen Staats-
kassen Gelder zuzuführen. Es entstand die FSrage, ob deutschen Interessenten
angesonnen werden könne, die von den feindlichen Staaten gewährten Hatente
berfallen zu lassen. Die Reichsverwaltung hat Bedenken getragen, diese Srage
zu bejaben und in Sällen, wo sie um Rat angegangen wurde, unter Wahrung
der gesetzlichen Juständigkeit des Reichsgerichts zur Entscheidung der Rechts-
frage, derartige Jahlungen nicht als schlechthin verboten bezeichnet. Die aus-
ländischen Hatente stellen wirtschaftliche Werte dar, die auch der deutschen Ge-
samtwirtschaft zugute kommen, und haben für die heimische Industrie und ihre
Geltung in der Welt so hobe Bedeutung, daß gegenüber dem Interesse an ihrer
Erhaltung und an der allmählichen Einbringung der bisher dafür aufgewendeten
Mittel der verhältnismäßig geringe Betrag einer Jahresgebühr in den hinter-
grund tritt. Die sahlung dieser Gebühr dürfte daher, weder objektiv noch sub-
jektiv, als Derstoß gegen das StG B. anzusehen sein. Für Srankreich und Belgien
ist übrigens die Frage dadurch gegenstandslos geworden, daß dort die gesetzlichen
Fristen allgemein auf unbestimmte zeit verlängert worden sind; ebenso ent-
fallen praktisch derartige Jahlungen von Deutschland nach Rußland, seitdem be-
kannt geworden ist, daß die russische Behörde Deutschen keinen Hatentschutz
gewähren will. In England ist gerade für den Jall der Gebührenzahlung für
gewerbliche Schutzrechte eine Ausnahme von dem allgemeinen Jahlungsverbote
gegen Deutschland und Osterreich-Ungarn zugelassen worden. Um so weniger
bestand ein Bedenken, auch unserseits von dem unterm 30. September 1914 er-
lassenen Jahlungsverbote gegen England (zu vergl. S. 85) solche Jahlungen, die
zum Erlangen und Erhalten von Datenten usw. erforderlich sind, auszunehmen.
2. Über Prämienzahlungen auf Lebensversicherungsverträge s. D. 87, N. II1 52
auch unten IV.
3. Die Bek. vom 20. Dezember 1914 (ReBl. 550), abgedruckt hinter den
Bekanntmachungen über Zahlungsverbote gegen Rußland, S. 908.
II. Ausdehnung.
Die Sahlungsverbote gegen Frankreich und Rußland.
2. Sahlungsverbote gegen Frankreich.
a) Bekanntmachung des Reichskanzlers, betreffend Zahlungsverbot
gegen Frankreich. Vom 20. Oktober 1914.
(RGBl. 443.)
Auf Grund des § 7 Abs. 2 der Verordnung, betreffend Zahlungs-
verbot gegen England, vom 30. September 1914 (Reichs-Gesetzbl.
S. 421) wird folgendes bestimmt:
Artikel 1.
Die Vorschriften der Verordnung vom 30. September 1914 werden
im Wege der Vergeltung auch auf Frankreich und die französischen
Kolonien und auswärtigen Besitzungen für anwendbar erklärt.
Die Anwendung unterliegt folgenden Einschränkungen:
1. Für die Frage, ob die Stundung gegen den Erwerber wirkt oder
nicht (§ 2 Abs. 2 der Verordnung), kommt es ohne Räücksicht auf
den Wohnsitz oder Sitz des Erwerbers nur darauf an, ob der Er-