Bek. des Reichskanzlers betr. Zahlungsverbot gegen Frankreich vom 20. Oktober 1914. 905
werb nach dem Inkrafttreten dieser Bekanntmachung oder vorher
stattgefunden hat.
2. Soweit in der Verordnung vom 30. September 1914 auf den
Zeitpunkt ihres Inkrafttretens verwiesen wird, tritt der Zeitpunkt
des Inkrafttretens dieser Bekanntmachung an die Stelle.
Artikel 2.
Diese Bekanntmachung tritt mit dem Tage der Verkündung, hin-
sichtlich der Strafbestimmungen des § 6 der Verordnung vom 30. Sep-
tember 1914 jedoch erst mit dem 25. Oktober 1914 in Kraft.
Begründung.
(Nordd Allg Ztg. v. 22. Oktober 1914.)
Es ist zufolge des § 1 der Derordnung vom 30. September bis auf weiteres
bei strenger Strafe namentlich verboten, mittelbar oder unmittelbar Jahlungen
nach Srankreich oder nach den Nolonien und auswärtigen Besitzungen Frankreichs
zu leisten. Gemäß §2 der Derordnung gelten ferner die schon entstandenen
oder noch entstehenden vermögenrsechtlichen Ansprüche solcher natürlichen
oder juristischen Dersonen, die in Frankreich oder dessen überseeischen Gebieten
ihren Wohnsitz oder Sitz haben, bis auf weiteres als zinslos gestundet, vorbehaltlich
der Kusnahmen, die nach § 5 der Derordnung für die in Deutschland unterhaltenen
Riederlassungen französischer Unternehmungen Platz greifen. Ebenso wie im
Derhältnisse zu England werden gegenüber Srankreich von dieser Stundung auch
Wechselforderungen ergriffen und zwar nach § 4 der Derordnung mit der Wirkung,
daß auch die Protesterhebung bis nach Beendigung des Krieges hinausgeschoben
wird. Die Stundung kann auch nicht dadurch beseitigt werden, daß der in Srank-
reich ansässige Gläubiger seinen Anspruch an eine im neutralen Zusland oder in
Deutschland wohnende Herson veräußert, insbesondere der Wechselgläubiger
den Wechsel an eine solche Herson indossiert. In dieser hinsicht sind indessen
die Dorschriften der Derordnung über das Jahlungsverbot gegen England auf
Frankreich nicht im vollen Umfang für anwendbar erklärt worden. England
gegenüber ist bestimmt, daß die Stundung auch gegen jeden Erwerber des
Knspruchs wirkt, es sei denn, daß der Erwerb vor dem 31. Juli 1914, oder wenn
der Erwerber in Deutschland seinen Wohnsitz oder Sitz hat, vor dem Inkraft-
treten der Derordnung (dem 30. September 1914) stattgefunden hat. hHat also
eine Londoner Lirma einen ihr gehörigen Wechsel im Laufe des Kugust an eine
Nopenhagener SLirma indossiert, so greift auch diesem Indossatar gegenüber die
Stundung durch. Irankreich gegenüber ist von der Unterscheidung zwischen einem
Erwerber im Inland und einem Erwerber im Zusland abgesehen worden.
Maßgebend hierfür war die Erwägung, daß es eine erhebliche Jahl von Wechseln
gibt, die von Deutschland auf Deutschland gezogen und sodann nach Srankreich
giriert sind. Wenn die Lorderungen aus solchen Wechseln bis nach Beendigung
des Krieges gestundet werden, so hat das für den deutschen Kussteller den Nach-
teil, daß auch er länger regreßpflichtig bleibt. Dieser Nachteil läßt sich, ohne daß
die JIwecke, die das Jahlungsverbot gegen Hrankreich verfolgt, gefährdet werden,
für einen sehr großen Aeil der in Betracht kommenden Wechsel vermeiden,
wenn die Stundung nicht Platz greift, falls der Wechsel schon vor dem Inkraft-
treten der Bekanntmachung des Reichskanzlers in das neutrale Kusland weiter
giriert war. HPaat z. B. eine Hariser Firma einen Wechsel auf Deutschland
im Kugust an eine Jüricher Firma giriert, so steht dem deutschen #lgeptanten