Bek, des Reichskanzlers betr. Zahlungsverbot gegen Rußland vom 19. November 1914. 907
aussetzungen bei vermieteten oder verpachteten Grundstücken zutreffen, die im
Eigentume von im feindlichen Kusland ansässigen Personen stehen, ist Tatfrage
und wird je nach der Krt der Benutzung oder Bewirtschaftung des Grundstücks
verschieden zu beurteilen sein. Die sich bei der Rechtsanwendung hieraus er-
gebenden -Jweifel werden auch durch die Einsetzung einer staatlichen zwang-
weisen Derwaltung gemäß der Bekanntmachung vom 26. Uovember und vom
22 Dezember 1914 und 4. März 1915 (Reichs-Gesetzbl. 1914, ö. 487, 556; 1915,
S. 133) nicht behoben. Kuch dem staatlichen Derwalter gegenüber könnte sonach
der Stundungseinwand in vielen Sällen Erfolg haben. hierdurch würde die Durch-
führung dieser Dergeltungsmaßnahmen erschwert und in Srage gestellt werden
können. Es war daher geboten, ausdrücklich zu bestimmen, daß die unter zwangs-
weise Derwaltung gestellten Grundstücke hinsichtlich der Erfüllung von Kn-
sprüchen, insbesondere von Miet= und Pachtzinsforderungen, einerlei, wann sie
entstanden sind, in jedem Jalle als eine im Inland unterhaltene Niederlassung
(65 der Bekanntmachung vom 30. September 1914) anzusehen sind. Dies ist
durch die auf Grund des § 3 des sogenannten Ermächtigungsgesetzes erlassene
Bekanntmachung vom 26. März 1915 geschehen. hiermit wird die Geltend-
machung des Stundungseinwandes dem Derwalter gegenüber ausgeschlossen.
Dafür, daß gegen die deutschen Mieter oder Hächter solcher Grundstücke von den
eingesetzten staatlichen Derwaltern nicht mit unangebrachter Strenge rücksichtslos
vorgegangen wird, wird seitens der Landeszentralbehörde, die dem Derwalter
die erforderlichen Qnweisungen erteilt, Sorge zu tragen sein. Anderseits lag kein
Grund dafür vor, die Bestimmung auch auf nicht unter Swangsverwaltung
gestellte Grundstücke von Personen des feindlichen Kuslandes auszudehnen,
da nicht im Interesse der im feindlichen Kusland ansässigen Eigentümer, sondern
nur zur besseren Durchführung der zwangsweisen Derwaltung selbst, die Ein-
ziehung von Miet= und Pachtzinsen sichergestellt werden soll. ür die in der
Bekanntmachung vom 26. März 1915 nicht genannten SLälle bleibt es daher bei
der allgemeinen Regelung der Bekanntmachung vom 30. September 1914,
wonach es von den jeweiligen Umständen abhängt, ob das Grundstück als eine
inländische Niederlassung anzusehen ist oder nicht.
5. Sahlungsverbot gegen Rußland.
a) Bekanntmachung des Reichskanzlers, betreffend Zahlungsverbot
gegen Rußland. Vom 19. November 1914.
(Rol. 470.)
Auf Grund des § 7 Abs. 2 der Verordnung, betreffend Zahlungs-
verbot gegen England, vom 30. September 1914 (Reichs-Gesetzbl.
S. 421) wird folgendes bestimmt:
Artikel 1.
Die Vorschriften der Verordnung vom 30. September 1914 werden
im Wege der Vergeltung auch auf Rußland und Finnland für anwend-
bar erklärt.
Die Anwendung unterliegt folgenden Einschränkungen:
1. Für die Frage, ob die Stundung gegen den Erwerber wirkt oder
nicht (§ 2 Abs. 2 der Verordnung), kommt es ohne Rücksicht auf
den Wohnsitz oder Sitz des Erwerbers nur darauf an, ob der Er-