Full text: Kriegsbuch. Erster Band. (1)

926 H. Heeresversorgung. 
ministerien sowie das Reichsmarineamt und die von ihnen bezeichneten Be- 
hörden beschränkt. 
Dem Eigentumserwerb können alle im Reichsgebiet vorhandenen Gegen- 
stände unterworfen werden, die bei der herstellung von Kriegsbedürfnissen 
zur Derarbeitung oder sonstigen Derwendung gelangen, also Rohstoffe, Halb- 
fabrikate usw., ferner alle Stoffe, die bei dem Betriebe von Gegenständen 
des Nriegsbedarfs gebraucht werden, z. B. Benzin und Schmieröl für Kraft- 
wagen. Lebens= und Juttermittel unterliegen dem Jugriff nach dieser Der- 
ordnung nicht. 
Um den praktischen Bedürfnissen gerecht zu werden, ist die Möglichkeit 
vorgesehen, daß das Eigentum auch an die Kriegsrohstoffgesellschaften, an 
die mit heereslieferungen beauftragten Unternehmer oder sonstige Dersonen 
unmittelbar übertragen werden kann. 
Bei der Bemessung des Übernahmepreises sollen die Interessen der 
Reichskasse und damit der Dolksgesamtheit durch Beschränkung der un- 
angemessenen Preistreiberei Berücksichtigung finden. Jedoch ist 
vorgeschrieben, daß der Friedenspreis eine den Umständen entsprechende 
Erhöhung erfährt. Ein Juschlag zum Sriedenspreis ist oft schon durch den 
Juwachs von Fracht= und Lagerspesen sowie sonstigen handlungsunkosten 
geboten. Darüber hinaus soll demjenigen, dem das Eigentum entzogen 
wird, ein Entgelt gewährt werden, das indes in keinem Salle zu einer un- 
angemessenen Bereicherung des Eigentümers auf Nosten der Dolksgesamtheit 
führen darf. In welcher höhe ein Gewinn angemessen ist, darüber lassen 
sich allgemeine Regeln nicht aufstellen. Das zu beurteilen wird von der 
Lage des Einzelfalles abhängen und muß daher in die hand eines un- 
parteiischen Schiedsgerichts gelegt werden. 
Bei cbegenständen des Kriegsbedarfs, die nach Nriegsausbruch aus dem 
Reichsausland eingeführt sind, wird der Einstandspreis regelmäßig den 
Friedenspreis überschreiten. Um den Besitzer solcher Gegenstände, wenn sie 
zur Enteignung gelangen, schadlos zu halten, soll der Einstandspreis des 
Einführenden statt des Sriedenspreises bei der Lestsetzung berücksichtigt werden. 
Jur Wahrung der notwendigen Einheitlichkeit in allen grundsätzlichen 
Sragen der Warenbewertung ist ein zentrales Schiedsgericht für das 
Reichsgebiet vorgesehen, für dessen GEeschäftsführung und Derfahren der 
Reichskanzler die näheren Bestimmungen erläßt. Behufs Berücksichtigung 
besonderer örtlicher Derhältnisse soll von den vier Sachverständigen, die 
als Beisitzer mitwirken, einer von derjenigen amtlichen Dertretung des 
handels vorgeschlagen werden, die den abzuschätzenden Gegenständen räumlich 
am nächsten steht. 
Die Beschlagnahme ist häufig geboten, um Gegenstände, unter Umständen 
auch schon vor ihrer Erzeugung, für einen etwaigen künftigen Bedarf des 
heeres und der Marine rechtzeitig zu sichern. Die Entscheidung, ob sie ganz 
oder teilweise zur herstellung von Kriegsbedürfnissen gebraucht werden und 
darum enteignet werden müssen, läßt sich oft erst nach Anstellung statistischer 
Ermittlungen, Rückfragen usw. und auf Grund der Gestaltung noch Vicht 
absehbarer Derhältnisse treffen. Die Derordnung gibt daher eine von der 
Enteignung unabhängige Jugriffsmöglichkeit. Die Beschlagnahme geht 
in der Regel der Enteignung voraus, braucht aber nicht immer die Ent- 
eignung zur Folge zu haben.
	        
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