944 Nachtrag J.
8. Das Reich wird in bezug auf das ihm zustehende Forderungs-
recht durch den Präsidenten des Patentamts vertreten.
Begründn#g.
(Nordd Allg tg. v. 6. Juli 1915 Nr. 185, 2. Ausg.)
Die für deutsche Erfindungen erwirkten PDatente gehören bekanntlich zu
den privaten Rechtsgütern, in deren Genuß und Bestand in England der
Staat eingegriffen hat. Die öffentliche Meinung, auch außerhalb Deutschlands,
bhat an dem englischen Derfahren berbe Kritik geübt, amtliche Dergeltungs-
maßnahmen wurden aber bisher deutscherseits nicht für erforderlich und nicht
für nützlich erachtet. Dem englischen Beispiel sind indessen neuerdings Ruß-
land und Srankreich gefolgt. In Rußland sind die Datente der Deutschen
teils für Eigentum des Staates erklärt, teils schlechtweg aufgehoben. Ein
französisches Gesetz entzieht den Deutschen die Kusnutzung ihrer Datente und
ermöglicht die Benutzung der ihnen geschützten Erfindungen durch den Staat
oder durch Privatpersonen. Dieses einheitliche Dorgeben unserer drei stärksten
Seinde nötigt das Reich, die bisher beobachtete Jurückhaltung aufzugeben und
im Dergeltungswege gesetzliche Kusnahmemaßregeln gegen die Angehörigen
der drei genannten Staaten auf dem GEebiete des gewerblichen Rechtsschutzes
eintreten zu lassen. Die erforderlichen Bestimmungen sind vom Bundesrat
durch die Derordnung vom 1. Juli 1915 getroffen worden; Kusführungs-
vorschriften dazu hat der Reichskanzler gleichzeitig erlassen. Danach können die den
feindlichen Staatsangehörigen zustehenden Schutzrechte durch Knordnungen, die
im einzelnen JSalle auf Hntrag eines Beteiligten erlassen wer den, zeitweilig
oder dauernd eingeschränkt, mit Lizenzen belastet oder aufgeboben werden,
sofern und soweit dies im öffentlichen Interesse angezeigt erscheint. Der
Kntrag ist an den DPräsidenten des Hatentamts zu richten, der die nötige
Kufklärung des Sachverhalts veranlaßt. Die Entscheidung selbst steht einem
besonderen Reichskommissar zu. Die Erteilung und Eintragung neuer Schutz-
rechte durch das Patentamt findet für feindliche Kusländer nicht mehr statt,
und die Bewegungsfreiheit des Datentamts diesen gegenüber ist sachgemäß
erweitert. Mit Bezug auf russische Staatsangehörige sind noch besondere
Dorschriften getroffen, durch welche diesen rückwirkend von dem Tage an, mit
dem die deutschen Hatentinh aber in Rußland ihrer Rechte entsetzt worden
sind, die Wirkung des deutschen Patentschutzes entzogen und die Erlangung
neuer Rechte unmöglich gemacht wird; dabei sind die etwa für Deutsche oder
Reutrale bestellten ausschließlichen Lizenzrechte ausdrücklich gewahrt, solche
Berechtigte müssen aber bis spätestens zum 30. September 1915 ihre Rechte
bei dem Datentamt geltend machen, um sich dagegen zu sichern, daß ihre
Wirkung erlischt.