Full text: Kriegsbuch. Zweiter Band. (2)

Bek. gegen übermäßige Preissteigerung vom 23. Juli 1915. § 5. 189 
altens im Erwerbsleben eingeführt. Es verletzt das Anstandsgefühl der gerecht und 
illio Denkenden, daß man bei Waren, die dem Unterhalt der Bevölkerung — dieses Wort 
pilis iterem Sinne genommen — oder die der Kriegführung dienen, einen abnormen 
m we: erziele. Wann dies der Fall ist, läßt sich nicht begrifflich festlegen. Auch der Hinweis 
net Marktlage nützt nichts. Diese selbst kann ja wieder durch die Forderung der Ver- 
au beeinflußt sein. Man darf auch nicht allein darauf sehen, was die Ware dem Ver- 
siufer ekostet hat. In dem Erwerb derselben, in dem Aufbewahren, kurz, in der ganzen 
röufer echen Gebarung, liegt in der heutigen Zeit ein zweifelloses Risiko. Es ist bei der 
geinesung des Nutzens billigerweise zu berücksichtigen. Einen Anhaltspunkt bieten auch 
ke worscriften über die Preisberechnung bei der Enteignung (§2 BVO. vom 24. Juni, 
2 BVO. vom 23. Juli 1915). Wenn aber bei aller Beachtung solcher Momente sich immer 
noch ein Gewinn ergibt, der weit über das dem anständigen Kaufmann billig Erscheinende 
hinausgeht, dann liegt eine Versündigung am deutschen Volke vor. Dann muß 
dieses unlautere Gebaren unter das Gesetz fallen. 
2) RG. IV. DJ3. 16 241. Der Erwägung, daß bei einem gleichzeitigen Betriebe 
von Viehzucht, Milchwirtschaft und Ackerbau durch denselben Gutsbesitzer Verluste (Ge— 
winnausfälle) in einem Zweige durch Gewinn in den übrigen Zweigen der Gutswirtschaft 
ausgeglichen werden könnte, ist in seiner Nutzanwendung auf die Beurteilung des vor- 
liegenden Falles nicht beizutreten. Konnte der Preis, den die Angekl. für die Milch forderte, 
nach den Gestehungskosten für diese und der Marktlage nicht als übermäßigen Gewinn 
bringend angesehen werden, so konnte dieser Gewinn auch nicht dadurch zu einem über- 
mäßigen werden, daß andere Erzeugnisse ihrer Gutswirtschaft einen höheren Gewinn 
erzielten. 
" h) RG. IV., DJZ. 16 241, Recht 16 78 Nr. 124. Ein „Fordern“ liegt auch in einer 
öffentlichen Anzeige an die Kundschaft, daß künftig ein bestimmter Preis werde verlangt 
werden. 
Verh 
2. Der innere Tatbestand. 
1. Hachenburg a. a. O. 855. Ein Vorsatz, durch die übermäßigen Anforderungen 
eine allgemeine Preissteigerung hervorzurufen, wird nicht verlangt. Es genügt, daß im 
einzelnen Falle ein übermäßiger Gewinn beabsichtigt ist. Auch hierzu wird nur das 
Bewußtsein, einen solchen Gewinn zu erzielen, nötig sein. Auch weiter wird man nicht 
verlangen dürfen, daß der Verkäufer sich der Ubermäßigkeit bewußt war. Das wäre 
ein Urteil über sein eigenes Verhalten. Es genügt seine Kenntnis von der Sachlage. 
Keine Entschuldigung gewährt es, daß sich der Verkäufer an die für die Ware festgesetzten 
Höchstpreise hielt. 
2. RG. IV. DJZ. 16 241. Daß die Angekl. sich der Übermäßigkeit als solcher bewußt 
gewesen sei, ist nicht notwendig. Es genügt, daß ihr die Tatsachen, welche den erstrebten 
Gewinn für die richterliche Beurteilung als übermäßig erscheinen lassen, bekannt waren. 
3. Bürgerlichrechtliche Wirkungen. 
a) Hachenburg a. a. O. 855. Die BV0O. vom 23. Juli 1915 knüpft an das Vor- 
handensein des übermäßigen Gewinnes nur die Strafbarkeit an. Es wird aber in gleicher 
Weise als zivilrechtliche Wirkung die Nichtigkeit des Vertrages einzutreten haben. 
Das Verlangen eines Preises, der als übermäßiger Gewinn erscheint, der Abschluß eines 
bierauf ruhenden Kaufvertrages verstößt gegen die guten Sitten. Kein Teil kann daraus 
Rechte ableiten. Der Käufer ist berechtigt, den Kaufpreis zurückzuverlangen. Der Ver- 
käufer hat nur Anspruch auf Bereicherung seines Käufers. Es wird ihm dadurch der Ge- 
winn wieder abgenommen. Es ist aber auch das Angebot schon unwirksam. Auch der 
Verläufer ist nicht daran gebunden. Er darf es zurückziehen, auch wenn die Annahme- 
fris noch nicht umlaufen wäre. Besonders gut sieht das freilich nicht aus. Er muß sich 
selbst des unlauteren Verhaltens bezichtigen. 
die Die Beurteilung eines solchen Vertrages mit übermäßigem Gewinn als gegen 
guten Sitten verstoßend, ist aber nicht erst durch die VO. vom 23 Juli 1915 ermöglicht
	        
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