Full text: Kriegsbuch. Zweiter Band. (2)

220 D. Finanzgesetze. 
ist der Gutachter der Ansicht, daß es bisher nicht den Anschein hat, als ob di 
sicherungsanstalt in angemessenem Umfang ihre Mittel für die Befriedigung der 
bedürfnisse zur Verfügung stellt. Freilich sind neuerdings „Richtlinien für die 
der Reichsversicherungsanstalt für Angestelle an der Verbesserung der 
Wohnungsverhältnisse“ bekanntgegeben worden, die den Willen zu einer Förderu 
Wohnungswesens erkennen lassen. Die bisherige Praxis der Reichsversicherun enn del 
scheint sich aber umgekehrt ganz auf privatwirtschaftlicher Grundlage zu bewegemsat 
Die Landesversicherungsanstalten haben in großem Umfang ihre Mittel dem al 
wohnungsbau zur Verfügung gestellt. Dabei ist wohl auch der Kleinhausbau in weitgehen in 
Maße gefördert worden. Zahlenmäßig kann man die wohnungspolitischen Ziele, die e 
Landesversicherungsanstalten mit ihren Darlehen verfolgen, auch daraus erkennen dee 
von den im ganzen 366 Millionen Mark, die sie Ende 1912 ausgeliehen hatten, nur 14 Mis 
onen Mark zu einem höheren Zinsfuß als 4 v. H. und nur 11 Millionen Mark zu 4 
verzinslich waren; die übrigen 141 Millionen Mark sind zu einem geringeren Zi 5. 
als 4 v. H. ausgeliehen worden. nsfuß 
Die Landesversicherungsanstalten haben vielfach auch die Beleihungsgrenzen ziemlich 
hoch hinauf gesetzt und erst dadurch viele Baugenossenschaften in die Lage versetzt, die ge. 
meinnützige Bautätigkeit mit Erfolg auszuüben. 5* 
Ein unzweifelhafter Nachteil der gemeinsamen Beleihung von Boden 
und Bauwerk ist das Verschwinden der Tilgungshypothek, denn diese Ver- 
bindung hat die Wahnvorstellung offenbar erleichtert, daß mindestens im gleichen Maße 
in dem das Bauwerk an Wert verliert, der Boden an Wert steigt. Diese Wahnvorstellung 
aber beherrscht anscheinend immer noch die Praxis, wenn auch unbewußt. Bei allen Be- 
denken, die man gegenüber dem geltenden Hypothekenrecht äußert, darf aber nicht ver- 
gessen werden, daß gerade dieses Hypothekenrecht das starke Interesse des Privatkapitals 
am Bau mit hervorgerufen zu haben scheint. 
Unverkennbar aber ist, daß unsere formell so wohl ausgebildete Grundbuchverfassung 
auch erhebliche Nachteile gezeitigt hat. Vor allem gibt sie die Möglichkeit, jede Steigerung 
des Ertrages alsbald zu kapitalisieren. Auch dürfte durch die Untersuchungen Eberstadts 
feststehen, daß unsere Grundbuchverfassung die Möglichkeit geschaffen hat, den Bodeneigen- 
tümer vorweg zu befriedigen. Der Wert des Bodens ist aber oft eine monopolartige Kon- 
junkturgröße, die an sich erheblich schwanken kann, während das Gebäude im Durchschnitt 
einen reellen Gegenwert für Leistungen und Lieferungen darstellt. Eine ideale Grund. 
buchverfassung müßte es also dahin bringen, daß bei Fehlschätzungen nicht diejenigen 
Hypothekenteile ausfallen, die einen Gegenwert für das Gebäude darstellen, sondern die. 
jenigen Hypothekenteile, die einen Gegenwert für den Boden darstellen, soweit diese 
Bodenwert durch die Konjunktur bestimmt ist. Die Frage ist jedenfalls sorgfältigster Unter, 
suchung wert; schwierig ist dabei nur, in welcher Weise die Lösung erfolgen kann, ohnt 
den Realkredit überhaupt zu vernichten. 
Es darf aber auch noch der Zweifel angeregt werden, ob nicht der bestehende Miß 
brauch des geltenden Hypothekenrechts weit weniger in diesem Hypothekenrecht selbs 
als in anderen Verhältnissen begründet ist. So scheint z. B. sicher, daß die gerügter 
Schwierigkeiten nicht eintreten würden, wenn der Bodenbesitzer selbst bauen würde. Nas 
dieser Richtung sind Ansätze jedenfalls vorhanden. Ebenso würden die Schwierigkeite 
dann behoben sein, wenn die 1. Hypothek in erster Linie oder doch zu einem nennenswerte 
Anteil für die Bezahlung des Gebäudes verwendet würde; eine solche Regelung könnmt 
recht wirkungsvoll sein, da bei dem normalen großen Hausobjekt die erste Hypothek wol 
stets an den Gebäudewert heranreicht. Solche Regelungen könnten freilich das End 
des kleinen Baugewerbes bedeuten. Endlich aber und hauptsächlich werden die Mäng 
aus der Handhabung des geltenden Hypothekenrechts da zurücktreten, wo als Ersterwe 
bender dem Geländehändler gegenüber der „Bauunternehmer“ verschwindet und dur 
eine kapitalkräftige Person ersetzt wird. Der Bauunternehmer, dessen wirtschaftlic 
Funktion es heute ist, unbebaute Grundstücke verkaufsreif herzustellen, ist oft dem 6 
e Reichsder. 
Wohnungs. 
Mitwirkun 
allgemeinen
	        
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