Bekanntmachung über die Sicherstellung von Kriegsbedarf vom 24. Juni 1915. 455
3. Hachenburg a. a. O. 856. Die Enteignung setzt hier im Gegensatz zur Bek.
vom 23. Juli 1915 (RG#l. 467) eine Zurückhaltung nicht voraus.
4. Hagelberg a. a. O. 77. Ortliche Beschränkung. Die V0O. bezieht sich auf
alle Gegenstände, welche im Deutschen Reiche sich befinden, ohne Rücksicht darauf, wo ihr
Eigentümer den Wohnsitz hat. An Sachen, die sich im Auslande befinden, wird Eigentum
emäß dieser VO. jedenfalls dann nicht übertragen werden können, wenn der Besitzer
im Ausland ist, denn dorthin kann ihm die „Anordnung“ nicht zugestellt werden, da hierin
eine Ausübung von Hoheitsrechten im fremden Lande zu erblicken wäre. Aber auch wenn
der Besitzer sich im Inland aufhält, würde die Enteignung des im Auslande befindlichen
Gegenstandes nach den herrschenden Grundsätzen des internationalen Privatrechts kein
Eigentum übertragen.
5. Lehmann a. a. O. 236. Die Enteignung ist auch dem mittelbaren Besitzer
gegenüber für zulässig zu erachten.
6. Hachenburg a. a. O. 854. „Besitzer“ ist jeder, der über den Gegenstand ver-
fügen darf.
7. Hagelberg a. a. O. 73. „Gegenstände“ sind nur bewegliche Sachen, nicht Grund-
stücke, z. B. Flugplätze, Truppenübungsplätze, Fabrikgrundstücke. Auch Forderungen und
andere Rechte, z. B. Patentrechte, sind keine Gegenstände im Sinne dieser VO., weil sie
nicht bei der Herstellung usw. unmittelbar verwendbar sind. Auch Geld und Wertpapiere
kommen nicht in Betracht, weil sie nur mittelbare Verwendung finden können. Ebenso
ist die menschliche Arbeitskraft kein Gegenstand der Eigentumsübertragung; daher kann
einem Fabrikanten nicht die Herstellung oder Fertigstellung von Kriegsbedarfsartikeln
auferlegt werden; nur für die „pflegliche Behandlung“ der beschlagnahmten Gegenstände
ist im § 4 Abs. 2 eine ausdrückliche Ausnahme gemacht. Lebens= und Futtermittel unter-
liegen nach der Begr. dem Zugriff auf Grund dieser VO. nicht.
Die Verwendbarkeit muß entweder für Kriegsbedarfszwecke oder für die Herstellung
oder für den Betrieb von Kriegsbedarfsartikeln bestehen. Nach der ursprünglichen Fassung
fielen Gegenstände des Kriegsbedarfs, also fertige Kriegsbedarfsartikel nicht unter die V O.,
falls sie nicht als Bestandteile anderer Artikel oder bei deren Betrieb verwendbar sind.
So ist z. B. Benzin selbst als Kriegsbedarfsartikel zu bezeichnen, andererseits ist es ver-
wendbar bei dem Betriebe von Kraftwagen. Ahrlich liegt es bei Munition jeder Art,
bei Kohlen, Pferden und deren Ausrüstung usw. Durch die VO. vom 25. November 1915
sind die Worte „an Gegenständen des Kriegsbedarfs“ in den § 1 eingefügt worden. Danach
können z. B. fertige Uniformen oder Stiefel oder auch Kraftwagen nunmehr auf Grund
dieser VO. enteignet werden.
8. Hagelberg a. a. O. 72. Die Anordnung ist an eine Form nicht gebunden. Sie
muß inhaltlich den Gegenstand so bestimmt bezeichnen, daß er von anderen Gegenständen
seiner Art unterschieden werden kann, z. B. nach seinem Lagerort oder nach besonderen
Kennzeichen oder nach seiner Verpackung. Die Bezeichnung nur nach Gattung und Menge
wird nicht ausreichen, wenn eine größere Menge an dem Lagerorte sich befindet. Schließlich
muß die Anordnung die Person des Erwerbers bezeichnen. Ungenauigkeiten, welche die
Bestimmbarkeit nicht beeinträchtigen, schaden nicht. Die Tatsache der Eigentumsüber-
tragung muß aus der Anordnung deutlich hervorgehen, insbesondere muß der Unterschied
von einer bloßen Androhung oder Beschlagnahme erkennbar sein. Der bisherige Eigen-
tümer braucht nicht angegeben zu werden; eine unrichtige Bezeichnung würde nicht schaden.
Daß die Üübertragung auf Grund der VO. vom 24. Juni 1915 erfolgt, wird anzuführen
sein, ist aber für die Rechtswirksamkeit der Anordnung nicht vorausgesetzt. Die Anordnung
ist von dem vertretungsberechtigten Beamten der zuständigen Behörde zu unterzeichnen
und mit dem Stempelabdruck der Behörde zu versehen.
9. Hagelberg a. a. O. 76. Mit der Wirksamkeit der Üübertragungsverfügung
geht das Eigentum auf den bezeichneten Erwerber über. War eine besondere Beschlag-
hahme erfolgt, so ist der Erwerber bis zur Übergabe gegen anderweitige, nach der Eigen-
umsübertragung erfolgende Verfügungen zugunsten gutgläubiger Erwerber geschützt.