Full text: Kriegsbuch. Zweiter Band. (2)

468 K. Die Entlastung der Gerichte. 
Die aufsichtführenden Amtsrichter haben die Gerichtsvollzieher hiernach 
... zu ver— 
ständigen. 
Begründung. 
I. (D. N. VI. 10.) 
Die zunehmenden Einberufungen zum Beeresdienste bringen es mit sich, daß 
Richter, Staatsanwälte, Gerichtsschreiber und andere Gerichtsbeamte sowie Rechts- 
anwälte in wachsender Sahl ihrer Tätigkeit im Bereiche der Rechtspflege entzogen 
werden. Sahlreiche Angehörige dieser Berufsstände befinden sich bereits bei den Fabnen 
Bei längerer Dauer des Krieges muß mit weiteren Einberufungen und infolgedessen 
mit einer fortschreitenden VDerringerung der für die Erledigung der gerichtlichen Ge- 
schäfte verfügbaren Kräfte gerechnet werden. 
Aun hat der Krieg zwar, wie das auch die Hauptübersicht der Geschäfte bei den 
preußischen und waldeckischen Amtsgerichten für das Jahr 1914 (Hromsl. eoff.) 
bestätigt, für die Gerichte eine Derminderung der Geschäfte zur Folge gehabt. Diese ist 
aber nicht beträchtlich genug, um den zunehmenden Mangel an Arbeitskräften auszu- 
gleichen. Dem Oflichtbewußtsein der Gerichtsbeamten, die sich erheblichen Mehr- 
leistungen bereitwillig unterzogen, ist es zu danken, daß bisher die Rechtspflege sich 
ohne wesentliche Störungen und Verzögerungen abwickeln konnte. Dabei war die 
stärkere dienstliche Belastung für die an der Rechtspflege beteiligten Beamten um so 
fühlbarer, als sie sich vielfach völlig neuen, erst infolge des Krieges auftretenden Rechts- 
fragen und namentlich der großen Sahl von Bundesratsverordnungen gegenüber- 
gestellt sahen, die auf Grund des sog. Ermächtigungsgesetzes für die verschiedensten 
Gebiete des Wirtschafts= und Rechtslebens zur Abhilfe von Schädigungen erlassen 
werden mußten. 
Die Derhältnisse Ratten sich gegen Ausgang des Sommers derart gestaltet, daß 
zu befürchten war, es werde bei längerer Dauer des Krieges nicht mehr möglich sein, 
eine zuverlässige und schnelle Rechtspflege mit den verfügbar gebliebenen MKräften zu 
gewährleisten. Um den nachteiligen Rückwirkungen vorzubeugen, welche eine auch 
nur geringfügige Störung oder Derzögerung der Rechtspflege notwendig auf das 
Wirtschaftsleben ausüben müßte, erschien es geboten, geeignete Anordnungen zu treffen, 
um eine Entlastung der Gerichte herbeizuführen. Der Zundesrat hat daher durch die 
auf Grund des §& 5 des sog. ErmächtigungsG. erlassene Bekanntmachung vom 
r0. September 1015 (Rsl. 562) einige Erleichterungen und Dereinfachungen des 
Derfahrens vorgesehen, die sich, von einer das Hrivatklageverfahren betreffenden 
Kostenvorschrift abgesehen, auf das Gebiet des bürgerlichen Streitverfahrens 
beziehen. 
Die Dorschriften der Derordnung bewegen sich im wesentlichen in der gleichen 
Richtung wie die Wünsche, die seit langem für eine Neugestaltung des bürgerlichen 
Derfahrens erhoben worden sind und unter den Einwirkungen der Kriegszeit neuer- 
dings von verschiedenen Seiten immer dringender geltend gemacht werden. 
Innächst sucht die Verordnung durch Einführung eines notwendigen Mahnver= 
fahrens vor den Landgerichten und vor den Amtsgerichten die Sahl der mündlichen 
Verhandlungen in den sog. Versäumnissachen möglichst zu verringern E§ 1—12). Ferner 
will sie, zugleich dem Grundgedanken einer vom Reichstag angenommenen Resolution 
(Drucks. 1013/15 Ur. 115) Rechnung tragend, die vergleichsweise Erledigung der zu den 
Amtsgerichten gelangenden Streitsachen anregen und durch Verminderung der auber- 
gerichtlichen Kosten fördern (38 18, 10). Sugleich werden die Rechtsmittel in gering= 
fügigen Streitsachen beschränkt (ss 20—22). Einige weitere Erleichterungen, welche 
die Schlußverhandlung (5 23), die Abfassung und geschäftliche Zehandlung der Urteil 
Gs 24—26), die verweisung von Rechtsstreitigkeiten vom unzuständigen an das zu 
ständige Gericht im landgerichtlichen Verfahren (z 27) und die Bewilligung des Armen—
	        
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