Bekanntmachung zur Entlastung der Gerichte vom 9. September 1915. 469
rechtes an uneheliche Kinder (6 28) betreffen, sind von weniger einschneidender Be-
deutung.
II. (Reichsanz. Tr. 215 vom 1I. September 10 15.)
Es erscheint deshalb, geboten, geeignete Anordnungen zu treffen, um eine mög-
lichste Entlastung der Gerichte herbeizuführen. In dieser Zeziehung kommen zunächst
verwaltungsanordnungen in Frage, durch welche die den Gerichtsbehörden zuge-
wiesenen Geschäfte der Justizverwaltung auf das unbedingt erforderliche Maß beschränkt
werden. Im Bereiche mehrerer Justizverwaltungen, insbesondere in Hreußen, sind
bereits Derfügungen ergangen, die auf eine Erleichterung und Dereinfachung des
Geschäftsverkehrs hinzielen. Durch Derwaltungsanordnungen allein kann aber eine
Entlastung der Gerichte nicht in dem erforderlichen Maße erreicht werden, vielmehr
müssen daneben Einschränkungen hinsichtlich der den Gerichten gesetzlich zugewiesenen
Aufgaben in die Wege geleitet werden.
Für Maßnahmen dieser Art erscheint der im § 5 Ermächtigungs G. vorgesehene
Weg des Erlasses einer Bundesratsverordnung gangbar und gewiesen. Jede auch nur
geringfügige Störung oder Verzögerung der Rechtspflege müßte notwendig nachteilige
Rückwirkungen auf das Wirtschaftsleben ausüben. Gerade in einer Seit, wo die hei—
mische Volkswirtschaft fortdauernd vor neue Aufgaben gestellt wird, besteht ein dringen-
des Interesse daran, daß die Rechtspflege pünktlich und sicher arbeitet, damit die unaus-
bleiblichen Derwicklungen möglichst schnell durch richterliche Entscheidung gelöst werden.
Anordnungen, welche die Gefahr einer Störung oder Derzögerung der Rechtspflege
beseitigen sollen, stellen sich sonach als Maßnahmen dar, die mittelbar zur Derhütung
wirtschaftlicher Schädigungen notwendig sind.
Der Entwurf einer Bundesratsverordnung zur Entlastung der Gerichte sieht Er-
leichterungen und Dereinfachungen nur hinsichtlich der bürgerlichen Rechtspflege vor.
Das Gebiet der eigentlichen Strafrechtspflege soll, abgesehen, von einer das Hrivat-
klageverfahren betreffenden Kostenbestimmung, unberührt bleiben. Hier ist eine ge-
wisse Dereinfachung des Derfahrens bereits durch die Derordnung über Sulassung
von Strafbefehlen bei Dergehen gegen Dorschriften über wirtschaftliche Maßnahmen
vom J. Juni 1015 (Rsl. 325) herbeigeführt worden.
Die Vorschläge des Entwurfs bewegen sich im wesentlichen in der gleichen Richtung
wie die Wünsche, die seit langem für eine Meugestaltung des bürgerlichen Derfahrens
erhoben worden sind und unter den Einwirkungen der Kriegszeit neuerdings von ver-
schiedenen Seiten immer dringender geltend gemacht werden. Es handelt sich dabei
um die Einführung eines notwendigen Mahnverfahrens, um die tunlichste Körderung
eines friedlichen Ausgleichs zwischen den Harteien, und um den Ausschluß der Be-
rufung bei geringfügigem Werte des Zeschwerdegegenstandes. Darüber hinaus sieht
der Entwurf einige andere Erleichterungen vor, welche nebensächliche Hunkte betreffen.
— Die Begründung der einzelnen orschriften ist bei diesen abgedruckt. —
Literatur.
1. Die sich auf die ganze Verordnung beziehenden Schriften und Aufsätze.
Bovens iepen, Die Bundesratsverordnung zur Entlastung der Gerichte. Thür. Bl. 62 177.
— Braun, Die Verordnung . zur Entlastung der Gerichte 1915. — Cahn, Gerichts-
mtlastung und Güteverfahren im Krieg und im Frieden 1916. — Delius, Weitere
Kriegsverbesserungen auf dem Gebtete des bürgerlichen Streitverfahrens. Recht 15 545ff.
Jpbeilberg, Die Bekanntmachung zur Entlastung der Gerichte vom 9. September 1915.
valt 15 1105, 1512; 16 149. — Kaufmann, Die Entlastungsverordnung und die An-
Whchaf. JW. 15 1237ff. — Levin, Die Entlastungsverordnung vom 9. September
8S und die Neugestaltung des bürgerlichen Rechtsstreits. Gruchots Beitr. 60 1 ff. —
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zu Entlastung der Gerichte. Sichse . 15 405 f. — v. Miltner, Die B#0. zur En-
lastun der Gerichte. LeipzZ. 15 1266 ff. — Neukamp, Die Bekanntmachung zur Ent-
gäder Gerichte 1915. — Neumiller, Die Verordnung des Bundesrats zur Ettlostung