Bekanntmachung zur Entlastung der Gerichte vom 9. September 1915. 519
Derfahren keine Anwendung findet, wird vielfach als Mangel empfunden. Wament-
lich in Groß-Berlin, dessen Gebiet sich auf mehrere Landgerichtsbezirke verteilt, wird
die Ausdehnung der Dorschrift auf das landgerichtliche Derfahren lebhaft befürwortet.
Aber auch abgesehen von den in den besonderen Derhältnissen Groß-Berlins begrün-
deten Schwierigkeiten bildet die Frage der örtlichen Suständigkeit, insbesondere,
wenn es sich um den Gerichtsstand des Erfüllungsorts handelt, oft den Anlaß zu weit-
läufigen Streitigkeiten, die häufig mehrere Instanzen durchlaufen und schließlich ohne
sachliche Entscheidung mit einer Surücknahme oder Abweisung der Klage enden. Es
erscheint deshalb unbedenklich und zweckmäßig, das Derweisungsverfahren auf das
landgerichtliche Derfahren zu übertragen. Hinsichtlich der Gerichtskosten erfordert
dies eine dem § 50 Gl. entsprechende Dorschrift, die deshalb im Satz 2 des § 27 vor-
gesehen ist.
1. Wach a. a. O. 1102/1103. Wie weit geht die „entsprechende Anwendung" des
*50527 Bedeutet sie, daß nunmehr auch im Anwaltsprozeß das Beschlußverfahren an
Stelle des Urteilsverfahrens bei der Verweisung tritt? An der Vorschrift des § 275 wird
nicht gerüttelt und so scheint § 276 den Weg zu weisen derart, daß, was hier für den Fall
der sachlichen Unzuständigkeit ausgesprochen ist, fernerhin auch für die örtliche gelten
soll. Aber dann wäre es rationeller gewesen, die Erweiterung des § 276 auszusprechen.
Und wo bliebe die Unanfechtbarkeit der auf der Unzuständigkeit fußenden Verweisungs-
entscheidung? Schaltet man sie und die Beschlußform aus, so läßt sich kaum noch von einer
„entsprechenden Anwendung“ des § 505 reden.
2. Trendelenburg a. a. O. 61. Wird im Berufungsverfahren vor den Landge-
richten geltend gemacht, das Amtsgericht habe sich zu Unrecht für zuständig erachtet, so
kommt eine Verweisung an das zuständige Amtsgericht nicht in Frage.
3. Seuffert a. a. O. 45. Das Berufungsgericht kann nach § 27 nur verfahren, wenn
die erste Instanz sich für zuständig erachtet hatte, das Revisionsgericht nur, wenn das
Oberlandesgericht die Zuständigkeit der ersten Instanz zu Unrecht angenommen hatte.
4. Samter a. a. O. 44. Als Berufungsgericht kann das Landgericht nie nach §.27
verfahren. Es muß stets durch Urteil (6 528 Z. PO) entscheiden.
5. Weinmann JW. 15 1389. Für den Antrag auf Verweisung an ein anderes
Gericht besteht gemäß § 27 Bek. Anwaltszwang.
Armenrecht.
8 38.
Begründung.
Nach 8 118 Abs. 2 ZPO. soll dem Gesuch um Bewilligung des Armenrechts ein
von der obrigkeitlichen Behörde der Partei ausgestelltes Zeugnis beigefügt werden,
in welchem das Unvermögen zur Bestreitung der Hrozeßkosten bezeugt wird. Für Her-
sonen, die unter Dormundschaft stehen, kann das Seugnis auch von der vormundschaft-
lichen Zehörde ausgestellt werden.
Soweit es sich um Unterhaltsansprüche unehelicher Kinder handelt (88 170sff.
Bs.), wird regelmäßig ein Seugnis der Dormundschaftsbehörde beigefügt. Die
Ausstellung dieses Seugnisses ist meistens eine bedeutungslose Form, da Fälle, in
denen ein unterhaltsberechtigtes uneheliches Kind Dermögen besitzt, wohl denkbar sind,
aber tatsächlich nicht vorkommen. Es erscheint deshalb um so unbedenklicher, von der
Vorlegung eines solchen Seugnisses, dessen Erteilung nur eine zwecklose Schreibarbeit
verursacht, abzuseheen, als die Dorschrift des § 121 S5PO. unberührt bleibt, nach der
das Armenrecht zu jeder Seit entzogen werden kann, wenn sich ergibt, daß das Kind
ausreichendes Vermögen besessen oder erworben hat.
Neumiller a. a. O. 314, Cahn a. a. O. 65. Es ist schwer verständlich, warum der
Vaterschaftsprozeß unerwähnt geblieben ist und warum man nicht überhaupt dem Gericht