Vek. gegen übermäßige Preissteigerung vom 23. Juli 1915. 179
in möglichst engen Grenzen halten. Andererseits aber ist ein hoher Markipreis als ver-
diensterhöhender Faklor in Rechnung zu stellen. Denn auch in Kriegszeiten, und nicht
zum wenigsten in ihnen, verdient die Geschicklichkeit, mit der der Kausmann einen besonders
billigen Einkauf zustande bringt, eine Belohnung.
V. Alsberg a. a. O. 38. Die Marktlage berücksichtigen heißt: den Handelswert
der Leistung in Betracht ziehen. Derartiges vom Richter zu verlangen, entspricht auch
durchaus den bisherigen wucherrechtlichen Anschauungen, die gerade in dem Mißverhältnis
des Verkehrswertes der Leistung zu der vom Bewucherten geforderten Gegenleistung
dos wesentliche Charakteristikum des Wuchers erblickten. Nicht ohne Bedenken darf aber
einem Gesetzesausdruck, der sich Mla#r und deutlich an bisher feststehende Rechtsanschauungen
anlehnt, eine völlig veränderte Bedentung beigelegt werden. Dieses Bedenken muß sich
noch erhöhen, wenn man in Betracht zieht, daß bei der vom RG. gewollten Auslegung
der ausdrückliche Hinweis des Gesetzes auf die besonders zu berücksichtigende Marktlage
geradezu jedes verständigen Sinnes entkleidet wird. Denn daß damit eiwa auf den Preis
verwiesen werden sollte, der dem Markt zugrunde lag, als der Verkäufer seinen Einkauf
tätigle, ist, ganz abgesehen davon, daß damit die Gesetzesfassung als eine äußerst unsorg-
fältige erscheinen müßte, um so weniger anzunehmen, als es, wenn die zur Verkaufszeit
geltende Marktlage für die Berwertung der Übermäßigkeit des Gewinns ausscheiden soll,
sicherlich nicht darauf ankommen kann, ob und wie der Einkaufspreis von der damals
geltenden Marktlage abwich.
c. Alsberg a. a. O. 39. Wo auf die Marktlage durch unlaulere Manipulationen
eingewirkt ist, braucht allerdings die Rechtsprechung die Marktlage nicht als einen vom
Gesetz empfohlenen Maßstab einer gerechten Preisbewerlung gelten lassen. Ganz anders
liegen aber die Dinge, wenn der geltende Marktpreis in normaler Weise durch eine Ver-
teuerung der Ware, vielleicht infolge eines nolwendig gewordenen Bezugs aus dem Aus-
jand entstanden ist. Zieht hier der Kaufmann daraus Nutzen, daß er sich beizeiten eingedeckt
hat — wobei er vielleicht gar ein wucherrechtlich sehr wohl zu beachtendes Risiko einging —,
so tut er nichts, was ehrbaren kaufmännischen Anschauungen widerspräche, zumal darin
ein gerechtfertigter Ausgleich dafür liegen kann, daß auch für ihn das Angebot der be-
neffenden Ware aufhört oder seinc Absatzmöglichkeilen sich verringert haben. Die An-
schauungen des reellen Kaufmannsstandes dürfen aber, da jedes Wuchergesetz zugleich
ein Siltengesetz ist, für die Beurteilung des wucherischen Charakters eines Geschäfts nicht
außer Betkracht bleiben.
xx. Alsberg a. a. O. 40. In der Praxis läßl sich ein Grundsatz, wie ihn das R.
ausstellt, kaum durchführen. Soll man vom Kaufmann verlangen, daß er aus verschiedenen
Käufen herrührende gleichartige Ware säuberlich voneinander scheide und den einen Teil
zu diesem, einen anderen Teil zu jenem Preise verkaufe? Soll er Verkäufe aus alten
Beständen vielleicht zu einem Preise vornehmen, der unter dem Preise liegt, zu dem er
sich momentan für die Zukunft eindeck!? Und wie soll die Rechtsanwendung zu einer
sicheren Beurteilung der Frage gelangen können, ob die Ware aues dieser oder jener Lieferung
herrührt? Genau wie das H##. eine Unisizierung der Preise anstrebt, muß das auch für
die Preis Steig VO. gelten. Und wenn das H P. nicht danach fragt, ob bei einer Höchst-
preisfestsetzung einem Verkäufer, der sich vor der Höchstpreisfestsetzung bereits eingedeckt
hal, überhaupt ein Gewinn bleibt, darf die Preis Steig V O. nicht danach fragen, ob für
den einen Kaufmann auf Grund rechtzeitiger Vorsorge ein höherer Gewinn bleibt als
für den anderen. Wo die Markilage das normale Produkt der Kriegswirtschaftsverhältnisse
ist, darf sie — das besagt der Ua##e##Wortlaut der Preis Steig VO. — für den Kaufmann
Maßstab seiner Preisbemessung sein.
A. Alsberg a. a. O. 42. Konnte ein Kaufmann nur unvorteilhafter als seine Kon-
kurenz einkaufen, so kann nicht schon darin, daß er ausnahmsweise den Marktpreis über-
schreitet, in seinem Verhalten eine verbotene Preissteigerung erblickt werden. Wäre eine
so begrundete Markipreisüberschreitung allerdings darauf zurückzuführen, daß dem be-
treffenden Händler die genügende Sachlennmis fehlt, oder lägen andere Umstände vor,
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