Bet. üb. Prelsbeschränl. b. Verkäusen v. Web-, Wirk= u. Strickwaren v. 30. März 1916. 227
15. Bekanntmachung über Preisbeschränkungen bei Verkäufen
von Web-, Wirk- und Strickwaren. Vom 30. März 1916.
(RGBl. 214) mit der Aenderung vom 14. September 1916.
(R#. 1022.)
Der Bundesrat hat folgende Verordnung erlassen:
§ 1. Web-, Wirk= und Strickwaren dürfen zu keinem höheren Preise verkauft
werden als dem, den der Verkäufer bei Gegenständen und Verkäufen gleicher oder
ähnlicher Art innerhalb der Kriegszeit vor dem 1. Februar 1916 zuletzt nachweis-
lich erzielt oder als Verkaufspreis festgesetzt hat. Fehll es an einem solchen Preise
oder sind die Gestehungskosten zuzüglich Unkosten und angemessenen Gewinns
yöher als dieser Preis, so sind die Gestehungskosten zuzüglich Unkosten und ange-
messenen Gewinns maßgebend.
Diese Vorschriften finden Anwendung auf Web-, Wirk= und Strickwaren,
gleichgültig aus welchen Spinnstoffen sie hergestellt sind, sowie auf die aus ihnen
gefertigten Erzeugnisse. Sie gelten nicht für Gegenstände dieser Art, soweit sie
auf Grund der Bekanntmachung über die Sicherstellung von Kriegsbedarf vom
24. Juni 1915 (RG#Bl. S. 357) nebst den Erweitungsbekanntmachungen vom
. Oktober 1915 (RGl. S. 645) und vom 25. November 1915 (Rl. S. 778)
beschlagnahmt sind und Preisbeschränkungen unterliegen.
2. Der Käufer kann, wenn er glaubt, daß der vereinbarte Preis die Grenze
des § 1 Abs. 1 überschreitet oder, obwohl er sich in diesen Grenzen hält, unange-
messen hoch ist, binnen zwei Wochen nach Abschluß des Kaufvertrags Feststellung
des Preises durch ein Schiedsgericht beantragen.
Das Schiedsgericht setzt unter Ausschluß des Rechtswegs den angemessenen
Preis fest; seine Entscheidung ist endgültig; sie erfolgt gebühren= und stempelfrei.
Ergibt sich der Verdacht einer strafbaren Überteuerung durch den Verkäufer;
so hat der Vorsitzende des Schiedsgerichts der zuständigen Staatsanwaltschaft Mit-
teilung zu machen.
8 3. Das Schiedsgericht ist befugt, auf Anrufen der Beteiligten vor Abschluß
des Kaufvertrags bei der Ermittlung des angemessenen Preises mitzuwirken.
§ za. Auf Antrag der zuständigen Behörde [Preußen, U#g# v. 5. Okt. 16,
I#l Bl. 288 die Landräte, in Stadtkreisen die Ortspolizeibehörden, soweit es sich um
Gegenstände des notwendigen Lebeusbedarfs handelt, die Preisprüfungsstellen) prüft
das Schiedsgericht die Angemessenheit der in einzelnen Geschäftsbetrieben für
bestimmte Waren erzielten Preise nach. Ergibt sich dabei, daß der erzielte
Preis die Grenzen des § 1 Abs. 1 überschreitet oder, obwohl er sich in diesen
Grenzen hält, unangemessen hoch ist, so hat das Schiedsgericht von dem Inhaber
des Geschäftsbetriebs zugunsten des Reichs einen Betrag einzuziehen, der dem
Überpreis aller in dem Geschäftsbetrieb in den Verkehr gebrachten Waren der be-
treffenden Art entspricht. Die Nachprüfung soll auf eine mehr als drei Monate
zurücklicgende Zeit nicht erstreckt werden. Die Vorschrift des §& 2 Abs. 3 findet
Anwendung.
& 4. Der Reichskanzler erläßt die näheren Bestimmungen über die Errichtung,
Zuständigkeit und Zusammensetzung des Schiedsgerichts sowie über das Verfahren
und setzt allgemeine Richtlinien fest, welche die Schiedsgerichte bei ihrer Entschei-
dung zu beachten haben.
Er kann Ausnahmen von der Vorschrift des § 1 Abs. 1 zulassen.
#b. Diese Verordnung tritt mit dem 1. April 1916 in Kraft. Die Frist zur
Anrufung des Schiesdgerichts (6 2 Abs. 1) läuft nicht vor dem 1. Mai 1916 ab.
Der Reichskanzler bestimmt den Zeitpunkt des Außerkrafttretens der Verordnung.
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