Full text: Kriegsbuch. Fünfter Band. (5)

Kriegssteuergesetz vom 21. Juni 1916. 383 
vorsicht auf. Was die Besteuerung durch Staat und Kommunen betreffe, so sei der 
ierschied gegen England der, daß dort Einkommensteuerzuschläge für die U#ommunen 
überhaupt nicht erhoben werden. Die Koommunen erheben in England die Land-- und 
Baussteuer und eine beschränkte Gewerbestener. Die Baus= und Mietsteuer der Kom- 
munen drücken, was eine nicht zu bestreitende Tatsache sei, sehr stark nach unten. Wenn. 
man die deutschen und die englischen erhältnisse vergleichen wolle, so müsse man bei 
der deutschen Besteuerung. alles ins Auge fassen, was Staat, Gemeinde, Gemeinde- 
verbände und Kirchengemeinden an Einkommensteuer erheben, und diese gesamte Be- 
stenerung mit den englischen Sätzen vergleichen, dann aber werde man finden, daß 
die Sätze in England und Deutschland trotz der hohen Kriegszuschläge in England gar 
nicht viel auseinandergeb#en. Das gelte auch für die Besteuerung der Kriegsgewinne. 
Der britische Schatzkanzler habe ausgerechnet, daß der Höchstsatz, mit dem der Steuer- 
oflichtige betroffen werden könne, sich auf 66 bis 67 Prozent belaufc. Das seien Sätze, 
die nach unserem Svstem, wenn die Böchstsätze zur Anwendung kommen, noch über- 
schrittem werden, wenn man nämlich binzurechne die Doppelbesteuerung der Gesell- 
schaften sowie die staatliche und kommunale Besteuerung, dic bei uns ebenfalls die 
Mehrgewinne erfasse. Die verbündeten Regierungen seien wohl mit allen Harteien 
in dem Bestreben einig, einen sehr erheblichen Teil der Gewinne, die einer großen An- 
zabl von Unternehmern und Hrivatpersonen aus der Kriegskonjunktur, um sich einmal 
kur; so auszudrücken, zugeflossen seien, wieder der Allgemeinheit zuzuführen. Mit 
dieser Wegnahme für die Allgemeinheit könne man aber nicht so weit gehen, daß da- 
durch die Grundlage und die Keistungsfähigkeit der Zetriebe, um die es sich hier handle, 
beeinträchtigt werde. Denn diese Betriebe werden bei dem Ubergang in die Friedens- 
wirtschaft und bei dem wirtschaftlichen Wiederaufbau, der auch in großem Umfang bei 
uns notwendig sein werde, eine recht schwere Aufgabe zu bewältigen haben. Es liege 
nicht nur im Interesse des Unternehmers, sondern auch der Arbeiterschaft und des 
ganzen deutschen Dolkes, daß der Bogen hier nicht überspannt werde. 
Sur Begründung des Antrags Nr. 243,2 K.-D. schloß sich dem ersten Redner 
ein Mitglied des Ausschusses insofern ar, als er anerkannte, daß man in der Be- 
rölkerung eine höhere Besteuerung der Kriegsgewinne wünsche und erwartet habe. 
Seine Kreunde hätten sich indessen bei dem Sperrgesetz unter Ablehnung weitergehender 
Anträge mit einem Satz von 50 Hrozent begnügt und seien der Meinung, was für die 
Gesellschafien gelte, müsse auch für die Einzelpersonen Geltung haben. Wenn man 
berücksichtige, daß der Mehrgewinn auch von der Einkommenstener erfaßt werde, so 
komme man bei Uriegsgewinnsteuersätzen von 50 Hrozent auf nahezu 20 Hrozent. 
Das könne man gewiß nicht für niedrig erachten, und daber sei es richtig, sich mit der 
von der Regierung angenommenen BZöchstgrenze zu begnügen. Erheblich höhere Be- 
träge könnten aber bei den mittleren Stufen herausgeholt werden. Zei diesen, die 
doch an sich keine niedrigen Gewinne darstellten, habe man in der Tat nach dem Sperr- 
Vesetz eine erheblich böhere Besteuerung erwartet. Wolle man mit seinen Freunden 
den Dermögenszuwachs in der Höhe zwischen 100000 bis 700000 M. höher treffen, 
dann empfehle sich der Antrag Nr. 243, 2. 
Für die Sätze der Regierungsvorlage trat ein Mitglied des Ausschusses mit 
der Warnung ein, man dürfe den Bogen nicht überspannen und müsse grundsäthzlich 
daran festhalten, daß auch die Kriegsgewinnsteuer nur eine Steuer sein solle. Man 
dürfe daher nicht bis zu 20 und mehr Hrozenten gehen, um so weniger, als eine Reihe 
von Härten unvermeidbar seien, namentlich in den unteren Stufen des Dermögens- 
zuwachses, bei denen es sich vielfach durchaus nicht um Kriegsgewinne handle. So 
pflegten 5. B. Kaufleute und Angehörige freier Berufe jährliche Rücklagen zu machen, 
bie nichts anderes bedeuten, als wie die Hension für Beamte; an sich bedenteten der- 
artige geringe Kapitalansammlungen keineswegs eine Derbesserung der wirtschaft- 
lichen Stellung. Deshalb könne er auch den Antrag Nr. 232, 1 der eigentlich nur die 
unteren Si#fen erheblich schärfer anfasse, in den oberen aber beinahe der Regierungs-
	        
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