Full text: Kriegsbuch. Fünfter Band. (5)

Gesetz über die Feststellung von Kriegsschäden im Reichsgebicte vom 3. Juli 1916. 649 
während durch die Vorentschädigung, die auf eine spätere endgültige Entschä- 
digung angerechnet werden soll und daher grundsätzlich hinter dem voraussichtlichen 
Betrage der letzteren zurückbleiben mußte, den zurückgekehrten Bewohnern Ostprenßens 
die Mittel zur notwendigen Fortführung des Haushalts-, Wirtschafts-- und Gewerbe- 
betriebs vom preußischen Staate ans eigenen Mitteln nach freiem Ermessen zur Der- 
fügung gestellt worden sind, soll nunmehr — was sich bei der nicht vorauszuseltenden 
Länge des Krieges immer mehr als dringer des Bedürfnis erweist — dafür Sorge 
getragen werden, daß, soweit möglich, die Zevölkerung wieder ein danerndes und ge- 
sundheitlich zweckentsprechendes Unterkommen findet, daß die Wiederbesetzung der 
Wirtschaften mit Vieh durch Bau von Ställen ermöglicht wird, und daß der wichtigste 
Teil der Ernte durch Unterbringung in Scheunen geborgen werden kann. 
In den Reichslanden konnte die Regierung eine ystemotische Wiederherstellung 
des wirtschaftlichen Lebens noch nicht in Angriff nehmen, da die durch den krieg ver- 
wüsteten Gegenden teilweise noch vom Feinde besetzt oder bedroht sind. Es entfallen 
zur Seit noch auf das vom Feinde besetzte Gebiet Ortschaften mit etwa 65 000 Eir- 
wohnern, das ist 3,6 v. H., auf die geränmten Gegenden Ortsche ften mit etwa 48500 
Einwohnern, das ist 2,6 v. H. der Bevölkerung. Die Derwaltung hat sich daher darauf 
beschränkt, nach Möglichkeit die Kriegsschäden zu ermitteln und in besonderen Fällen 
vorentschädigungen zu zahlen, wobei das VDerfahren und die Grundsätze für Ostpreußen 
sinngemäß Anwendung finden. 
Die bisher in Elsaß-Lothringen entstandenen Kriegsschäden sind sehr bedeutend, 
ktönnen aber ziffernmäßig noch nicht angegeben werden. 
Die durch feindliche Klieger heimgesuchten Zundesstaaten (außer Hreußen und 
Elsch-Lothringen, besonders Baden und Württemberg) beschränkten sich in ähnlicher 
weise wie das Reichsland darauf, durch Ermittlungen den Sachschaden festzustellen 
und zunächst aus Landesfonds, insbesondere soweit es sich um Fortführundo wichtiger 
Betriebe handelt, Vorentschädigungen in beschränktem Umfang zu gewähren. 
Bei der langen Dauer des Krieges reicht das System der Dorentschädigungen 
nicht mehr aus. Es ist jedenfalls in Ostpreußen dringend notwendig, den Geschädigten 
endgöltig den vollen Betrag desjenigen auszuzahlen, was ihmen als Ersatz des erlittenen 
Schadens gewährt werden soll. 
Dazu muß aber die den Schadensersatz auszahlende Landesregiecung die Gewiß- 
heit haben, daß die von ihr gewährte Entschädigung bei einem etwaigen späteren Er- 
satze durch das Reich nach allen Richtungen als zutreffend berechnet anerkannt wird, und 
daß insbesondere das Maß der Entschädigung und die Art der Ermittlung nicht nach- 
träglich vom Reiche angefochten werden kann; daß vielmehr bei späterer, nur teilweiser 
Übernahme der Schäden durch das Reich es lediglich einer entsprechenden rechnerischen 
Anssonderung aus den festgestellten Schadensbeträgen bedarf. 
hierzu würde eine bloße Verständigung der beteiligten Zundesstaaten mit der 
Reichsverwaltung schon deshalb nicht genügen, weil diese ohne Mitwirkung der gesetz- 
gebenden Uörperschaften das Reich in der angegebenen Richtung nicht verpflichten 
kann. Es bedarf vielmehr dazu schon jetzt einer gewissen reichsgesetzlichen Regelung, 
wenn vermieden werden soll — was völlig untunlich wäre —, daß bei dem späteren 
Ersotze durch das Reich die gesamte Fesistellung der Entschädigung einer materiellen 
Nachprüfung und gegebenenfalls einer Abänderung unterzogen werden muß. Eine 
gesetzliche Gusege hinsichtlich der späteren UÜbernahme der Schäden durch das Reich 
ist zur Seit bei der ungeheuren finanziellen Belastung des Reichs durch den gegen- 
wärtigen Krieg und angesichts der Unmöglichkeit, ein auch nur einigermaßen zutreffendes 
Bild über die Finanzlage nach Beendigung des lrieges zu gewinnen, ausgeschlossen. 
Uine reichsgesetzliche Regelung wird daher im gegenwärtigen Seitpunkt zwar noch nicht 
die einem nach Friedensschluß zu erlassenden Gesetze vorzubehaltende Entschädigung 
leitens des Reichs und deren Umfang, wohl aber den Ureis der gegebenenfalls vom
	        
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