Bek. über die Vertretung der Kriegsteilnehmer v. 14. Januar 1915. § 2. 27
billig, wenn dem Gesuchsteller die Möglichkeit genommen wird, den Herausgabeanspruch
klageweise gellend zu machen. Es kommt hinzu, daß der Gesuchsteller erheblichen Schaden
erleiden kann, wenn die Rückgabe des Viehs unmöglich wird und der Gegner nicht zahlungs-
ähig ist.
fahis OLG. 32 276 (Breslau VIII). Der Beklagte hat als KT. Aussetzung des Ver-
sahrens beantragt. Die Kläger haben dagegen unter Hinweis auf den Gang des Prozesses
und die jetzige Prozeßlage ausgeführt, datz der Beklagle durch den Fortgang des Rechts-
streiles nichl benachteiligt werde, da nach seinen ausgiebigen Ausführungen zur Sache
und zu den einzelnen Beweismitteln die Beibringung neuen Materials nicht mehr zu er-
warten, er auch in der Lage sei, seinem Prozeßbevollmächtigten Information zu erteilen.
Andererseits werde ihnen durch die Aussehung ein unverhällnismäßig großer Nachteil
erwachsen, da der Beklagte unstreitig im Laufe der Berufung für seine Ehe Gütertrennung
eingeführt und seine Grundstücke seiner Ehefrau zwecks Rückgewähr des eingebrachten
Guts übertragen hat. Der Beklagte bestreitet die Benachteiligungsabsicht, da sich seine
Ehefrau ihm gegenüber verpflichtet habe und in der Lage sei, für den Fall eines für ihn
ungünstigen Ausgangs des Rechtsstreits den Anspruch der Kläger zu befriedigen; allerdings
habe er dies den Klägern bisher nicht mitgeteilt. Bei dieser Sachlage ist die Aussetzung
offen bar unbillig.
. Bad Rpr. 16 71 (Karlsruhe II). Die Aussetzung wäre offenbar unbillig, weil
der Kl. die Bezahlung von Fleischwaren verlangt, die er dem Bekl. während des Krieges
zur Aufrechterhaltung des vom Bekl. fortgeführten Betriebes seiner Gastwirtschaft ge-
macht hat. ·
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unbestrittene Warenforderung handelt und die Ehefrau des Bekl. im Anfange des Krieges
aus dem vom EChemanne betriebenen und von ihr fortgeführten Geschäfte an andere
Gläubiger erhebliche Beträge gezahlt hat, so folgt daraus nicht, daß das Versahren seinen
Fortgang haben müsse, weil die Aussehung offenbar unbillig sei. Nach den getroffenen
Feststellungen ist das vom Bekl. betriebene Geschäft bedeutend zurückgegangen. Die Ein-
nahmen reichen kaum zur Bestreitung der Miete, der Steuern, des Lebensunterhaltes
für Frau und Kinder hin. Der Rückgang der Einnahmen ist eine Folge der Abwesenheit
des Mannes. Bei solcher Sachlage muß es bei der Regel verbleiben, daß gegen einen im
Felde befindlichen Schuldner gerichtlich nicht vorgegangen werden soll.
#. Sächs A. 16 245 (Dresden IV). Gegenüber dem Interesse des Bekl. an der per-
sönlichen Wahrnehmumg seiner Rechte muß der Umstand, daß die Ungewißheit über den
Prozeßausgang den Gesundheitszustand des Kl. ungünstig beeinflusse, an Gewicht zurück-
treten.
#. JW. 16 1142 (Hamm II). Eingeklagt sind die Hypothekenzinsen für 1914 und
1915. Wenn die Klägerin nicht alsbald einen vollstreckbaren Titel für diese Zinsen erlangt
und die Beschlagnahme des Grundstücks erreicht, so verliert sie bei der Grundstückszwangs-
versteigerung für einen Teil der Zinsen den bevorrechtigten Rang (vgl. 8VG. 5 10 Nr. 4
und 5, 5 13). Die Kriegsgesetzgebung steht auf dem Standpunkt, daß dies offenbar unbillig
wärc. Dies sieht man aus folgendem: In der Bundesratsbekanntmachung vom 8. Juni 1916
über die Geltendmachung von Hypotheken usw. (R#l. 454) ist in 3 10 Abs. 2 Saß 2 aus-
drücklich vorgeschrieben, daß die sonst dem Vollstreckungsgericht gestattete Einstellung der
Zwangsversteigerung des Grundstücks nicht erfolgen darf, wenn fällige „Ansprüche des
betreibenden Gläubigers auf wiederkehrende Leistungen für zwei Jahre nicht gezahlt
sind“. Hierbei ist offenbar die Erwägung maßgebend gewesen, daß der Gläubiger sonst
den Rang aus § 10 Nr. 4 8G. verlieren könnte. Dies soll verhindert werden. Die Vor-
schrift, daß in solchem Falle die Einstellung der Zwangsversteigerung nicht erfolgen darf,
gilt auch gegenüber Kriegsteilnehmern, wie § 19 der Bekanntmachung vom 38. Juni 1916
ergibt. Es ist also aus den erwähnten Vorschriften der allgemeine Gesichtspunkt abzuleiten,
daß es überhaupt — nicht nur im Zwangsversteigerungsverfahren — als „offenbar un-
billig“ anzusehen ist, wenn der Gläubiger durch die Hemmung des Verfahrens (sei es die