Bek., betr. Liquidation britischer Unternehmungen v. 21. Juli 1916. 713
59. Auf Versicherungsunternehmungen, die dem Aufsichtsamte für Privat-
versicherung unterstehen, finden die Vorschriften dieser Verordnung mit der Maß-
gabe Anwendung, daß die Durchführung der Liquidation nach den vom Reichskanzler
erlassenen Anordnungen erfolgt. .
§ 10. Wegen der von dem Liquidator in Ausübung oder in Veranlassung der
Ausübung seiner Obliegenheiten vorgenommenen Handlungen oder Unterlassungen
können Schadenersatzansprüche des Inhabers des Unternehmens oder eines an dem
Unternehmen Beteiligten nur mit Genehmigung der Landeszentralbehörde gel-
tend gemacht werden. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn eine schuldhafte
Pichtuerlehhnan vorliegt. Soweit die Genehmigung nicht erteilt ist, ist der Rechts-
eg unzulässig.
w 6 N. Der Reichskanzler kann die ihm nach dieser Verordnung zustehenden
Befugnisse ganz oder teilweise einem Reichskommissar übertragen.
§ 12. Als britisches Gebiet im Sinne dieser Verordnung gelten Großbritan-
nien und Irland sowie, mit Ausnahme Kanadas und der Südafrikanischen Union,
die britischen Kolonien und auswärtigen Besitzungen; als britische Staatsange-
hörige gelten die Angehörigen dieser Länder sowie die nach britischem Rechte
begründeten juristischen Personen.
Der Reichskanzler kann im Wege der Vergeltung die Vorschriften dieser Ver.
ordnung auch auf andere feindliche Länder für anwendbar erklären.
8§ 13. Diese Verordnung tritt mit dem Tage der Verkündung (1. 8.] in Kraft.
Hierzu:
Eine Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 24. September 1916 (Reichs-
anzeiger Nr. 229).
Auf Grund der Verordnung, betreffend Liquidation britischer Unternehmungen,
vom 31. Juli 1916 (Rel. 871) habe ich den . zum Reichskommissar für die
Liquidation britischer Unternehmungen ernannt. Der Reichskommissar ist dem
Reichsamt des Innern unterstellt. Dem Reichskommissar habe ich die nach § 2
der Verordnung dem Reichskanzler zustehenden Befugnisse übertragen. Die Ent-
scheidung über die Anordnung einer Liqudidation behalte ich mir vor.
Die Geschäftsräume des Reichskommissars für die Liquddation britischer
Unternehmungen befinden sich in Berlin W 9, Leipziger Str. 2.
Begründung. (D. N. IX 215.)
Unterm 27. Oktober lol## hat die Britische Regierung ohne irgendwelchen An-
laß, ja ohne Dorgang und Beispiel in der Geschichte der Kriegsführung überhaupt, in
Bongkong eine Derordnung erlassen „the Alien Enemies (Winding up) Ordinance,
lol“, die die zwangsweise Liquidierung der von Deutschen oder für deutsche Rech-
nung betriebenen Unternehmungen und der persönlichen Angelegenheiten deutscher
Staatsbürger einführt. Der Liquidator tritt völlig an Stelle des Eigentümers und har
dessen Dermögen nach einem summarischen Konkursverfahren zu veräußern und zu
verteilen. Der Liquidator erhält eine hohe prozentuale Entschädigung. Die Regierung
erklärt, im übrigen sich in seine Geschäftsführung „nicht mehr als nötig“ einmischen
zu wollen.
Tatsächlich wurden alsbald die gesamten blühenden denischen Unternehmungen
in Hongkong auf die brutalste Weise und unter uneingeschränkter Willkür der Liqnidatoren
vernichtet und zugunsten der nächstbesten britischen Konkurrenten verschleudert.
Ebenfalls noch im Jahre lold ist dann gegen die deutschen Unternehmungen in
den Straite Settlements das gleiche Derfahren angeordnet worden wie in Hongkong.
Um jede Willkür der Liquidatoren, ja selbst eine absichtliche Bereicherung des Liqui-
dators aus dem ihm anvertrauten De#rmögen zu verdecken, hat hier die Regierung so-