Full text: Kriegsbuch. Fünfter Band. (5)

Allerh. Erl., betr. Niederschlagung gerichtl. noch nicht eingelelteter Untersuch. usw. 789 
suchungen wegen der in den Rahmen des Erlasses fallenden Straftaten ohne Rück- 
sicht darauf, wann die Tat zur Kenntnis der Behörde gekommen ist oder kommen 
wird. Auf die Untersuchungen, die bei einer mit anderen Bundesstaaten gemein- 
schaftlichen Strafversolgungsbehörde anhängig sind oder anhängig werden, findet 
der Erlaß Anwendung, sofern nach den mit den beteiligten Regierungen getroffenen 
Vereinbarungen die Ausübung des Begnadigungsrechts in dem betreffenden Falle 
Seiner Majestät dem König von Preußen zusteht. 
II 
1. Sobald feststeht, daß der Erlaß Anwendung findet, hat die Strafverfolgungs- 
behörde das Verfahren ausdrücklich ein zustellen. Da nach den Bestimmungen des 
Erlasses Personen, die wegen Unwürdigkeit aus dem Heere usw. entfernt worden 
sind, von dem Gnadenerweise ausgeschlossen bleiben, so kann die Niederschlagung 
eines Verfahrens erst dann endgültig festgestellt werden, wenn der Beschuldigte 
aufgehört hat, Kriegsteilnehmer zu sein, ohne daß ein Umstand eingetreten ist, 
der ihn von der Wohltat des Erlasses ausschlösse. Solange hiernach ungewiß ist, 
ob Niederschlagung erfolgt oder nicht, bleibt die Vorschrift im Satz 1 der Rund- 
verfügung vom 23. September 1914 — I. 5344 — über das Ruhen des Verfahrens 
in Kraft. Tritt die Verjährung der Strafverfolgung ein, ehe die Niederschlagung 
feststeht, so bedarf es einer weiteren Feststellung nicht mehr. Einer Benachrichtigung 
des Beschuldigten von der erfolgten Niederschlagung bedarf es nur in solchen Fällen, 
in denen eine Mitteilung über die Erledigung des Verfahrens gesetzlich vorge- 
schrieben oder sonst aus besonderen Gründen angezeigt erscheint. Ebenso wird 
sich nur für den Einzelfall entscheiden lassen, ob eine Mitteilung an Verletzte, An- 
tragsteller oder sonst an dem Verfahren beteiligte Personen geboten ist. 
2. Bezieht sich ein Strafverfahren auf mehrere Straftaten — desselben Täters 
oder mehrerer Täter —, von denen nur ein Teil unter den Erlaß fällt, so ist das 
Verfahren im übrigen fortzusetzen, doch darf dabei auf die von dem Erlasse be- 
troffenen Talen nur insoweit eingegangen werden, als es zur Aufklärung der 
übrigen unvermeidlich ist. Entsprechendes gilt, wenn wegen einer Tat ein Straf- 
verfahren aus mehreren Strafvorschriften eingeleitet ist. Erachtet es die Straf- 
verfolgungsbehörde zur Vermeidung von Härten für geboten, daß mit Rücksicht 
auf die Begnadigung eines oder mehrerer Mittäter auch andere Mittäter, die 
nicht zu den Kriegsteilnehmern gehören, ebenfalls begnadigt werden, so hat sie 
einen kurzen Formularbericht zu erstatten unter Beifügung der Akten. 
3. Wenn es aus Billigkeitsgründen geboten erscheint, einer an einem nieder- 
geschlagenen Verfahren beteiligten Person Auslagen, die sie infolge des Ver- 
fahrens ausgewendet hat, aus Staatsmitteln zu erstatten, so ist an mich zu berichten. 
4. Rechtshilseersuchen außerpreußischer Behörden werden durch den Erlaß 
auch dann nicht berührt, wenn der Ort der begangenen Tat innerhalb Preußens 
gelegen ist. 
III. 
Die Strafverfolgungsbehörden haben die noch nicht gerichtlich eingeleiteten 
Untersuchungen gegen Kriegsteilnehmer wegen Straftaten, die nicht unter den 
Erlaß fallen, daraufhin zu prüfen, ob Anlaß besteht, ihre Niederschlagung zu be- 
fürworten; ein solcher Anlaß ist nur dann zu verneinen, wenn ein Beschuldigter 
im Hinblick auf seine Persönlichkeit und die Schwere der Tat trotz seiner Teilnahme 
an dem Kriege eines Allerhöchsten Gnadenerweises nicht würdig, oder wenn aus 
besonderen Gründen eine Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Es ist 
nicht ausgeschlossen, zur Prüfung dieser Frage Ermittlungen anzustellen, damit 
der Tatbestand hinreichend übersehen werden kann. Über die hiernach zu prüfen- 
den Untersuchungen haben die Strafverfolgungsbehörden Verzeichnisse aufzu- 
stellen und einzureichen, die folgende Spalten enthalten:
	        
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