818 M. Vaterländischer Hilfsdienst.
empfiehlt es sich, das Gesetz mit der Derkündung in Kraft treten zu lassen. Das. Auger-
kraftweten kann wiederum nur durch den Bundesrat veranlaßt werden, da sich die Dan cr
des Mrieges, für die das Gesetz längstens Bedeutung hat, nicht übersehen läßt.
B. Bericht über die Verhandlungen im Hauptausschuß des Reichs-
tages vom 23. bis 28. November 1916.
(Nordd Allg 3tg. Nr. 326 bis 331).
Die Verhandlungen leitele der Staatssekretär des Reichsamis des Innern
mit längeren grundsätzlichen Ausführungen über Veranlassung und Absichten des Ge
setzes ein. -
Die verbündeten Negierungen seien sich bewußt, daß die Einführung des vater.
ländischen Hilfsdienstes für alle nicht zur bewaffneten Macht einberufenen männlichen
Deutschen vom 17. bis zum 60. Lebensjahre eine Maßnahme sei, die an Bedeutung alle
bisher beschlossenen und ins Werk gesetzien Kriegsmaßnahmen übertresse.
Die Pflicht zum vaterländischen Hilfsdienst trete der allgemeinen Wehrpflicht zur
Seite; neben die Millionen der Wehrpflichtigen träten die Millionen der Hilfsdienst-
pflichtigen.
Der valerländische Hilfsdienst sei die Folgerung aus der Tatsache, daß dieser Krieg
um unser nationales Dasein und die Zukunft von Reich und Volk gehe, daß er nicht nur
ein Krieg zwischen den bewaffnelen Streitkräften der kriegführenden Staaten sei, sondern
ein Krieg der Vollswirtschaften, ein Krieg der Völker selbst, ein Krieg, in dem das deutsche
Volk seine ganze Volkskraft bis zum Letzten einsetzen müsse. «
Die Ausgabe des Gesetzes sei die Mobilmachung der Arbeit. Während unmittelbar
nach Krlegsausbruch eine ganz außerordentliche Arbeitslosigkeit eintrat, die den Gegen-
stand einer der schwersten wirtschaftspolitischen Sorgen der ersten Kriegszeit bildete,
hätten sich die Verhältnisse seilher, wenigstens soweit männliche Arbeitskräfte in Frage
kämen, in ihr Gegenteil verkehrt; statt Arbeits-- herrsche ausgesprochener Arbeilermangel.
Die Knappheit an Arbeitskräften mache sich namentlich fühlbar für den zurzeit aller-
wichtigsten Teil unserer industriellen Tätigkeit: die Herstellung von Munition und Kriegs-
material aller Art. Mehr und mehr sei bekanntlich der Krieg ein Munilions= und Artillerie-
krieg geworden, in dem der Einfluß der materiellen Hilfsmittel der Maschine immer stärker
und enischeidender hervortrete. Die gesteigerten Mengen von Kriegsmaterial, die erzeugt
werden müßten, verlangten vor allen Dingen die notwendigen Arbeitskräfte zu ihrer
Herstellung; auch die Erhallung und Erweiterung der Volksversorgung, also der Ver-
sorgung der Heimatbevölkerung mit den Gegenständen ihres dringlichsten Bedarfs sei
in der Hauptsache eine Frage der Arbeitskräfte. Für die Kriegführung und die Volksver-
sorgung als für die während des Krieges lebenswichtigsten Teile unserer wirtschaftlichen
Tätigkeit müßten die Arbeitskräfte unter allen Umständen in ausrelchender Zahl versügbar
gemacht werden; diese Beschafsung zu sichern, sei Zweck und Absicht des Gesetzes. Selbst.
verständlich könne der Zwang allein nicht genügen; ohne Zwang gehe es nicht, aber die
frelwillige Pflichterfüllung sei in stärkstem Umfange nötig; sie müsse die Hauptarbeit
leisten, und der Zwang müsse als ultima ratio, soweit irgend möglich, im Hintergrund
bleiben. Die Durchführung der Hilfsdienstpflicht werde organisatorische Arbeil aller-
größten Stils ersfordern. Die Zahl der Arbeilsfähigen, die ohne jede Beschäftigung sind,
sei heute verhältnismäßig gering; der Schwerpunkt der Durchführung des Gesetzes werde
also nicht in der Heranziehung bisher Unbeschäftigter, sondern in der Verschiebung der
Arbeitskräfte aus ihren bisherigen Tätigkeiten in andere, für Kriegführung und Volls-
versorgung wichtigere liegen. Wie es schon jetzt in einzelnen Industriezweigen Betriebe
gebe, die aus Mangel an Rohmaterial oder Absatz mit einem geringen Bruchteil der noch
heute in ihnen festgehaltenen Arbeitskräfte arbeiteten, so werde es in Zulunft nölig sein,
systematisch Arbeilskräste aus ulcht lebenswichtigen Betrieben für solche freizumachen,
die für Kriegsührung und Volksversorgung unentbehrlich sind. Dabei sel davon abgesehen