Full text: Kriegsbuch. Fünfter Band. (5)

828 M. Vaterländischer Hilfsdienst. 
dienstpflichtgesetzes bei seinen Verhandlungen steis bewoßt zu bleiben. Einzelfragen 
würden, zweckmäßiger als jetzt, in der Spezialdebatte erörtert werden können. 
Der Staatssekretär d. J. erklärte, auf Einzelfragen nur so weit eingehen zu wollen 
als dies für die Behandlung der großen, grundsäglichen Gesichtspunkte des Gesetzentwurfs 
notwendig sei. Wiederholt müsse er hervorheben, daß der Zwang lediglich als ultima ratio 
im Hintergrunde stehen und die Durchführung der Hilfsdienstpflicht im weitesten Maße aus 
dem Boden organisierter Freiwilligkeit aufgebaut werden solle. Auch das Arbeitsverhältnis 
derjenigen Hilfsdienstpflichtigen, die zwangsweise zu einer Beschäfltigung überwiesen werden 
weil sie eine solche nicht gesucht oder nicht erlangt haben, sel genau so anzusehen, als wäre es 
in sreier Vereinbarung zustande gekommen. Hieraus ergebe sich dann von selbst, daß, wie 
schon der Chef des Kriegsamts ausgeführt habe, die Militärgesetze auf die im Hilfsdienste 
täligen Personen, die nicht zum Heeresgefolge gehören, keine Anwendung fänden. Ebenso 
sei es nur eine logische Folgerung jener Tatsache, daß der prozessuale Schutz, den die Kriegs. 
tellnehmer genießen, den Hllfsdienstpflichtigen nicht oder doch jedenfalls nicht allgemein 
zur Seite stehe, und daß die in normaler Weise entlohnte Tätlgkeit im Hilfsdienste nur in Aus. 
nahmeverhältnissen einen Anspruch auf eine Kriegsunterstützung der Familienangehörigen 
begründen könne. Würde anders verfahren, so erhielten die zum Hilfsdienst Uberwiesenen 
starke Sondervorteile vor den in den glelchen Betrieben freiwillig Arbeitenden, die nicht 
gerechtsertigt wären und zu Beschwerden führen müßten. Wo länger laufende private 
Arbeitsverlräge bestünden, würden sie natürlich durch die Aufforderung, sich eine Tärlgkeit 
im Hulfsbienste zu suchen, oder durch die Uberweisung zu einer Hilfsdienstbeschäftgung 
ausgelöst; das öffentlich-rechtliche Gebot gehe dem privaten Vertrage vor. Eine Entschädi- 
gung für den aus der Vertragsauflösung entstandenen wirtschaftlichen Nachtell könne hier 
natürlich ebensowenig in Frage kommen, wie bei militärischer Einberufung. Richiig sei, 
daß der Zwang bei der Hilfsdienstpflicht unmittelbar für die Arbeit in privaten Unter. 
nehmungen ausgeübt werde, und daß aus dieser Talsache sich gewisse Folgerungen ergeben 
würden. Er persönlich sei der Ansicht, daß es das Richtige sein werde, diese Folgerungen 
auf dem Gebiete der Besteuerung der Kriegsgewinne zu suchen. Gegenüber den Einwürfen 
eines sozialdemokratischen Abgeordneten, daß vom Reichslage eine Blankovollmacht ver- 
langt würde, ohne daß dabei irgendwelche Garantien für die Art der Durchführung gegeben 
seien, betonte der Staatssekreiär, daß die dem Reichstage vorgelegten Richtlinien eine Ver- 
einbarung der verbündeten Regierungen darstellten, zu deren Einhaltung sich deshalb die 
Relichsleitung verpflichten könne und auch ausdrücklich verpflichten wolle. Es sei ein neuer 
Vorgang, daß die verbündeten Regierungen sich von vornherein bei Einbringung eines 
Gesetzes auf bestimmte Richtlinien zur Ausführung eines Gesehzes festgelegt und diese 
Richtlinien mit dem Entwurfe selbst dem Reichstage übermittelt hätten. Damitl sei doch 
bewiesen, daß die verbündeten Regierungen die Zusammenarbeit mit dem Relchstage im 
allerstärksten Maße wünschen und anstreben, und daß der Vorwurf, die Reglerung wolle 
die Volksvertretung ausschalten und die gesetzgeberische Arbeit am liebsten nur innerhalb 
der Zentralbehörden erledigen, vollkommen ungerechlfertigt sei. Er selbst könne für 
sich in Anspruch nehmen, soweil es seine Zeit irgend gestatte, stets die engste Fühlung 
sowohl mit den Reichstagsabgeordneten, wie mit Vertretiern aller Interessentengruppen 
gesucht und gehalten zu haben; er sei ständig bemüht, sich durch persönliche Information 
über die Bedürfnisse und Wünsche in den verschiedensten Gegenden und wirtschaftlichen 
Kreisen zu unterrichten. 
Ein lons. Redner wies nochmals auf die dringende Notwendigkeit hin, das Geset 
als Mittel zur vollen Anspannung der ganzen Volkskraft für den Endsieg zustande zu 
dringen. Er habe vorgestern nicht, wie im „Vorwärts“" mißverständlich berichtet worden 
sei, gesagt, das Volk fordere eine rücksichtslose Führung. Vielmehr habe er der Meinung 
Ausdruck gegeben, das Volk wolle eine geschlossene Tat und eine kraftvolle Führung; 
von Rücksichtslosigkeit habe er in ganz anderem Zusammenhang gesprochen, sie werde, 
wenn man das Ziel wolle, in Kauf genommen werden müssen. Ausgeschlossen sel es, 
daß einzelne Richtungen die Beratung dieses Gesetzes und den Zwang zu seinem Zustande-
	        
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