Full text: Kriegsbuch. Fünfter Band. (5)

Geseß über den vaterländischen Hilfsdienst vom 6. Dezember 1916. 829 
kommen zur Durchsetzung von Wünschen und Forderungen, die nichl unmittelbar durch 
dieses Gesetz bedingt seien, zur Aufrollung grundsählicher Streitfragen, zur Erzielung von 
Wirkungen für die Zeit nach dem Kriege benutzten. Er behaupte nicht, daß die Gewerkschafts- 
führer mit den vorliegenden Vorschlägen einen derartigen Versuch machen wollten, aber 
in diesen Vorschlägen sei nach seiner Meinung objektiv manches enthalten, was unter diese 
Kategorie von Forderungen falle. Damit das Gesetz als einmütige, die Opferwilligkeit 
aller anspornende Tat wirke, werde jede Partei sich bei den Beratungen gewlsse Ein- 
schränkungen auferlegen müssen. Die Frage, wieweit die Einzelheiten der Durchführung 
des Geseyzes durch gesetzliche Vorschriften oder Ausführungsverordnungen zu regeln seien, 
halte er weniger für eine grundsät liche, als für eine praktische und gesetzestechnische Frage. 
Gerade in den hier erörterten Dingen, in denen alles im Flusse sei und schnelle Entschlüsse 
zu fassen seien, müsse dem Bundesrat und dem Kriegsamt eine größere Bewegungsfreiheit 
als sonst gelassen werden; er sei aber bereit, an der vorgeschlagenen gesetzlichen Regelung 
mitzuarbeiten. Redner besprach im einzelnen die Frage der Frauenarbeit und der Jugend- 
lichen, dabei regte er an, auch Jugendliche unter 17 Jahren, soweit sie nicht durch Unterricht 
und Lehre gebunden seien, dem Geset zu unterstellen. Für die Exportindustrie und für die 
Aufrechterhaltung solcher Unternehmungen, deren Betrieb nicht eingestellt werde, müßten 
Arbeitskräfle belassen werden. Redner widersprach dann enischieden den Angriffen auf 
die Landwirtschaft. Der Landarbeitermangel sei so groß, daß von einer schlechten Behand- 
lung und einer besonders ungünstigen Lage der Landarbeiter gar nicht die Rede sein könne. 
Die Löhne auf dem Lande selen in bar und durch den höheren Wert der Naturalien wesenl- 
lich, um mindestens 100% durchschnittlich, gestiegen. Den landwirtschaftlichen Betrieben 
müsse volle Sicherheit geschaffen werden, daß sie die nötigen Arbeitskräfte auch behielten, 
daß die Arbeiter ihnen auch in den Wintermonaten nicht entzogen würden, daß vor allem 
dle Facharbeiter und Beamten, auch Schmiede, Stellmacher, Monteure ihnen zur Ver- 
fügung gesteilt, daß reklamierte garnisondienstfähige Personen dieser Art nicht etwa heraus- 
gezogen würden, um sie auf Grund des neuen Gesetzes durch andere Kräfte zu ersetzen. 
Auch die landwirtschaftlichen Maschinen müßten erhalten bleiben. Redner erbat eine Er- 
llärung, die die Erfüllung dieser Wünsche sichere. 
Ein Redner des Zentr. bedauerte, daß der Staatssekretär zu den Anträgen auf 
Arbeiterversicherung noch keine Stellung genommen habe. Wenn das Gesetz zustande 
gebracht werden solle, müsse hier ein entsprechendes Maß von Entgegenkommen erwartel 
werden. Der Widerstand der Großindustriellen gegen Arbeilerausschüsse und Schiedshöfe 
müsse gebrochen werden; ohne diese sei eine Durchführung des Gesetzes kaum denkbar. 
Das Vorgehen des preußischen Eisenbahnministers halte er für unangebracht, die Erlasse 
hätten nur Erre gung geschaffen, was im Hinblick auf den Ernst der Lage bedenklich sei. Das 
Maß der Verantwortlichkeit der Arbeiterführer verlange, daß Sicherungen für die Arbeiter- 
verhältnisse geschaffen würden, ohne die der Entwurf nicht Gesetz werden könne. 
Ein soz. Abg. kam ebenfalls auf die Streikerlasse des Eisenbahnministers zurück. 
Der neue Verband des Personals habe erklärt, auf den Streik verzichten zu wollen. Auch 
die Beiträge seien so gering, daß aus diesen Mitteln ein Streik überhaupt nicht geführt 
werden könnte. Daß das Vorgehen der Engländer aus erhöhte Munitionsbeschaffung bei 
uns nicht genügend beachtet worden sei, sei zu bedauern. Die Erfassung der Kriegsgewinne 
sei nötig, aber es sei nicht leicht, in dieser Hinsicht die Unternehmer zu Überwachen. Für alle 
Fälle müsse dafür gesorgt werden, daß der vorliegende Gesehentwurf jederzeit vom Reichs- 
tag aufgehoben werden könne, wenn die Ausführung bes Gesetzes nicht zweckentsprechend sei. 
Staatssekretär Dr. Helfferich stellte die Vorlage des englischen Munitionsgesetzes 
in Übersetzung in Aussicht. 
Ein Verlreter des preußischen Eisenbahnministeriums stellte fest, daß 
maßgebende Stellen Eisenbahnangestellten gegenüber niemals mit dem Schützengraben 
gedroht hätten. Der Minister habe keinen Anlaß, seine Meinung gegenüber einem Eisen- 
bahnerstreit geheim zu halten; er habe sich wiederholl im Reichstag und preußischen Landtag 
darüber ausgesprochen und die Gründe seines Verhaltens dargelegt.
	        
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