Full text: Kriegsbuch. Fünfter Band. (5)

Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst vom 5. Dezember 1916. 855 
Das deulsche Volk steht in einer Probe auf Kraft und Moral, wie nie ein Volk in 
der Weligeschichte. Wir müssen die Probe bestehen, und wir werden die Probe bestehen. 
Wir werden sie bestehen, wenn jeder Mann und jede Frau in der Heimat Stunde für 
Stunde derer gedenken, die draußen im Trommelfeuer der Schützengräben mit ihren 
geibern für unsere Zukunft Wacht halten. 
M. H., der Herr Reichskanzler hat ausge führt: lein Work reicht an die Größe dessen 
heran, was unseren Truppen draußen zugemutet wird, was unsere Truppen willig dulden 
und leisten. Andere in ihrer Art vielleicht nicht geringere Opfer und Leistungen werden 
von unserer Heimat verlangt, Opfer und Leistungen bis zur Selbstentäußerung, bis zum 
Aufgehen des Einzellebens und des Einzelschicksals in dem höheren Daseinszweck der Ge- 
samtheil. Aber jeder Kampf und jede Arbeit, jedes Opfer und jede Enibehrung wird 
geheiligt durch den Gedanken, daß wir alle, die wir arbeiten und kämpfen, Grundsteine 
und Bausteine herbeischaffen für eine bessere und stärkere Zulunft unseres Valerlandes. 
In diesem Geiste, m. H., wird das deutsche Volk, das hoffen wir zuversichtlich, das Gesetz 
stber den vaterlän dischen Hilfsdienst aufnehmen und durchführen. 
Abg. Dr. Spahn (Zeutr.): Eshandelt sich nicht um ein Zwangsgeseß, nicht um einen 
Zwang zur Arbeit, das Gesetz will nur alle Arbeit einstellen auf den Krieg, jede männliche 
Person bis zum 60. Lebensjahr soll mithelfen im Interesse unserer Landesverteidigung 
durch Umwandlung der Rohprodukte in Munition und Wassen und in Nahrungsmittel 
für die gesamte Bevölkerung. Das sind die Ziele, die das Gesex verfolgt. Das Geset 
bezieht sich nur auf die männlichen Personen und in erster Linie auf die Frelwilligkeit, 
ein zwingendes Bedürfnis, die Frauen einzuziehen, ist nicht vorhanden. Als vaterländischer 
Hilssdienst soll von vornherin angesehen werden die Tänigkeit aller Personen bei Behörden 
und behördlichen Einrichtungen in der Kriegsindustrie, in der Landwirtschaft und Forst- 
wirtschaft, in der Krankenpflege, in den Organisationen jeder Art oder in sonsiigen Be- 
rufen oder Betrieben, die für die Zwecke der Kriegs führung oder der Volksversorgung 
unmittelbar oder miltelbar beschäftigt sind, soweit nur die Zahl der beschäftigten Personen 
das Bedürfnis nicht übersteigl. Der Staatssekretär hat besonders auf die Presse, die Geist- 
lichen und die Lehrer hingewiesen, er siehl deren Tätigkeil als eine solche des vaterländischen 
Hilssdienstes an. Ich hoffe, daß auch andere Personenkreise, z. B. die Professoren der 
Hochschulen nicht außer acht gelassen werden. Bei der Presse dürfen nicht nur die Redak- 
teure in Frage kommen, sondern auch das gesamle lechnische Personal. Der Land= und 
Forstwirtschaft dürfen leine Arbeiter entzogen werden. Bei diesem tiefeinschneidenden 
Gesetz bedürfen wir der Zulassung von Beschwerdeinstanzen. Unnötige Härten müssen 
vermieden, die individuellen Verhältnisse müssen berücksichtiglt werden. Ferner muß eine 
Schadloshaltung da erfolgen, wo sie nach der Billigkeit im einzelnen Fall angebracht ist. 
Die Bestimmungen mühssen so gefaßt werden, daß jeder weiß, was er für Rechte hat. 
Wichlig ist die Mitwirkung des Reichslags bei der Durchführung des Gesetzes. Zu diesem 
Zweck ist der Ausschuß von 15 Mitgliedern bereits zugestanden worden. Diese außerge- 
wöhnliche Macht des Bundesrals muß aber nach dem Krieg wieder aufhören. 
Abg. Dr. David (Soz.): Die Sozialdemolralie hat schon in den Vorverhandlungen 
keinen Zweifel darüber gelassen, daß sie dem Grundgedanken der Vorlage zustimmt. 
Wir erkennen bereitwillig an, daß dic harte Notwendigkelt der Tatsachen uns zwingt, 
trotz unserer Friedenssehnsucht weiter zu kämpfen und weiler durchzuhalten, bis auch 
die Gegner Deutschlands zu einem Frieden bereit sind, den wir im deutschen Lebens- 
interesse annehmen können. Dieses Gesetz darf aber nicht etwa einer Kriegsverlängerung 
dienen. Wenn wir den Zweck des Gesetzes billigen, die vollständige Konzentrierung aller 
Kräste auf die Erringung eines für uns annehmbaren Friedens, so wollen wir auch keines- 
wegs, daß unsere Feldgrauen an der Somme den Mangel an Munilion mitl ihrem Leben 
und mit unnötigen Opfem bezahlen. Das enthebt uns aber keineswegs der Notwendig- 
keit sehr ernster Prüfung der Mittel und Wege zu diesem Zwecke. Sonst laufen wir die 
größte Gefahr, daß das Gesetz nicht zum Heil, sondern zum Unheil Deutschlands aus- 
schlägt. Der Zweck des Gesetzes ist nur dann erreichbar, wenn die Masse des Voles aus
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.