Full text: Kriegsbuch. Fünfter Band. (5)

Geseh über den vaterländischen Hilfsdienst vom 5. Dezember 1916. 861 
wirtschaft, und diese zu stören und zu schwächen wäre ja geradezu Torheit. Also bei dem 
ganzen Verfahren muß doch als Ziel vor Augen schweben und muß dauernd beachtet 
werden das Bestreben, die Volkswirtschaft, die Kriegswirlschaft zu stärlen und nicht zu 
schwächen. 
Daß dabei der eine oder der andere Zweig allerdings notleiden wird und Opfer 
bringen muß, das liegt in der Natur der Dinge; aber insgesamt muß unsere Vollswirl-= 
schaft im Kriege gestärll werden. Wir wissen ja gar nicht, was die Zukunft bringen wird, 
welche neuen Aufgaben an uns herantreten, welche neuen Schändlichkeiten unsere Feinde 
ersinnen werden, um uns zu schaden. M. H., deswegen muß die Sache ganz groß ange- 
faßt werden, weil man ja gar nicht weiß, was noch kommt. 
Wemn ich die Gesamtwirkung unseres Gesetzes zusammenfasse, m. H., so 
handelt es sich erstens darum, die materiellen Kräfte zu stärken, vor allem Wassen, Muni- 
lion, Heeresersatz herbeizuschafsen, und zweilens darum, die moralischen Kräfte zu stärken, 
die Willenskraft des Volkes zu stärken, und darin — das geht mir aus vielen Zuschriften 
hervor, die ich aus dem Felde erhalten habe — sehe ich eine ganz besondere Wirkung auch 
auf das Hecr. Das Heer, das draußen kämpft, das Gul und Blut und Leben ecinsetzt, 
muß wissen, daß es in der Heimat ein Volk hinter sich stehen hat, das einmütig eintritt, 
ebenso wie vorn unsere Kämpfer mit Leib und Leben, so in der Heimat mit der Arbeils- 
naft, zur Erreichung des einen Zieles: zur Erringung des Sieges. So muß das ganze 
Volk ein Heer darstellen, im harmonischen Verein der Kräfte, wobei leiner widerstreben 
darf, weder der Mann am Schraubstock und an der Drehbank, noch der Bauer hinter dem 
Pliuge; keiner darf widerstreben, alle müssen sie mitmachen! 
Und was das Gesetz will, m. H.? Die allgemeine Arbeitsgemeinschaft ohne poli- 
#ischen Anstrich! 
Nun, m. H., unsere Feldgrauen draußen im Felde stärken jeden Tag ihren Mut 
im Kampfe in einer Weise, die die Seelenstärle unserer Feldgrauen geradezu bewundern 
läht. Diesem Heldenmut gegenüber sollte in der Heimat nicht das bißchen Entschlossen- 
heit gegenüberstehen, das wir von Ihnen verlangen? Es würde ein Verzweifeln an unserem 
Volke sein, m. H. Eine unbeungsame Entschlossenheit in unserer Heimat zur Arbeit im 
Dienste des Vaterlandes, das will das Gesetz, und das müssen wir erreichen. Das Ge- 
setz soll das lebendige Gewissen werden von uns allen, von dem Kriegsamt in erster Linie 
natürlich, aber von dem ganzen deultschen Volke. Nicht ein Zwangsgesez ist es. Wir 
machen keine Zwangsarbeit jetzt im Kriege. Es geht um die höchsten Güter unseres Volkes. 
Asso weg mit diesem Begriffe, mit diesem Ausdruck von dem Zwange! Das Gesetz will 
die höchste Freiheit im höchsten Sinne, im sitllichen Sinne. Es muß jedem einzelnen 
Deulschen in Kopf und Herz hineingehämmert werden, daß er seinen eigenen Willen 
unter den Willen des Vaterlandes unterzuordnen hat, und wenn wir das mit diesem 
Gesetz erreichen, dann haben wir eine Gewähr dafür, daß Deutschlands Zukunft gesichert 
ist, eine Zukunft, die beruht auf Freiheil, auf Wohlfahrt und auf Gesiltung. Es ist also 
ein sillliches Gesetz und nicht ein Zwangsgesch. Aus diesem Saale, m. H., muß nun der 
Geist hinausziehen in die weilen deutschen Lande, der jeden einzelnen Deulschen er- 
füllen muß, der uns im Kriegsamt in allererster Linie erfüllen muß. Sorgen Sie, daß 
der richlige Geist hinauszieht! Dann machen Sie mir die Arbeit leicht, m. H. 
Abg. Vogtherr (soz. Arbeitsgem.): . . Wir glauben im Gegensatz zum Grasen 
Westarp an einen Frieden, in dem es weder Sieger noch Besiegte gibt; aber gerade des- 
halb kommen wir zur Ablehnung des Gesehes. Die jetzige Situation ist für den Reichstag 
nicht gerade eine Schmeichelei. Wenn auch im Hauptausschuß keine sormellen Abstim- 
mungen stattgefunden haben, so ist doch der Reichstag jetzt vor eine vollendele Tatsache 
gestellt;es mögen hier Beschlüsse gefaßt werden, für die die Beratung nichts ist als eine 
äußere Dekoralion, der Geschäftsordnung entsprechend. Die heutige Debatte hat sich 
um einen Gesetzentwurf gedrehl, der elgentlich noch gar nicht existiert, um einen ganz 
anderen, als den, der auf der Tagesordnung steht. Auf die Bürgerlichen haben die zahl- 
reichen Einrichtungen und Einschränkungen der Vorlage nur wenig Eindruck gemacht,
	        
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