Gesetz über den vaterländischen Hiljisdienst vom 5. Dezember 1916. 879
ausschüsse errichtet werden. Nach §& 14 sind für die industriellen Betriebe der Heeres= und
Marineverwaltung durch die zuständigen Dienstbehörden Vorschriften im Sinne der § 11
bis 13 zu erlassen. Wir beantragen, auch die Eisenbahn aufzunehmen.
Abg. Dr. Stresemann (ul.): Diese Bestimmungen zeigen den Siegeszug des
Organisationsgedankens. In der Industrie bestanden lange erhebliche Bedenken gegen
die obligakorische Einführung der Arbeiterausschüsse. Sie wollten nicht das individwelle
Verhällnis zwischen ihnen und den Arbeitern dadurch beeinträchtigt wissen. Die Erfahrungen
mil den Arbeiterausschstlssen haben aber auch vom Standpunkt der Unternehmer Gutes
gezeitigt. Der Widerspruch gegen diese Ausschüsse ist weniger in der Mittelindustrie vor-
handen, als in der Großindustrie, wo das persönliche Verhältnis zu dem Arbeiter unter-
drochen ist. Die Großindustrie sollle sich damit abfinden, wenn wir jetzt den Schritt tun,
diese Ausschüsse in das Gesetz aufzunehmen. Dies steht im Zusammenhang mit der ganzen
Vorlage. Meine Fraktion hat deshalb diesem Paragraphen zugestimmt. Werl haben wir
darauf gelegt, daß die Wahlen zu den Arbeiterausschüssen nach der Verhältniszahl statt-
sinden. Angestelltenausschüsse schon bei zwanzig Angestellten erscheinen uns doch nicht
am Platze und wenig praktisch.
Abg. Nehbel (dions.): Über die Frage, ob ein gesetzlicher Zwang zur Einführung
der Arbelterausschüsse am Platze ist, sind in meiner Partei die Ansichten geleilt. Wir halten
aber dies Gesetz nicht für geeignet, solche Ausschüsse einzuführen. Die ganze Frage ist sehr
umstritten. Wir können dem & 11 und dem folgenden Paragraphen nicht zustimmen; wir
werden sie in ihrer Mehrheit ablehnen. Wir lehnen selbstverständlich auch die sozialdemo-
kratischen Anträge ab.
Abg. Giesberts (Zentr.): Die Bedenken des Vorredners scheinen uns nicht begründet.
Das Geseß bringt doch wesentliche Einschränkungen der Rechie der Arbeiter, gewissenlose
Unternehmer können die Löhne herabdrücken, und da ist es ein berechtigtes Aquivalent,
den Arbeitern durch die Ausschüsse die Möglichkeit zu geben, sich mit den Unternehmern
zu verständigen, Diese Bestimmungen sind eine logische Konsequenz der sozialpolitischen
Idee der Februar-Erlasse. Wir haben stets konsequent den Gedanken der Arbeiterausschüsse
vertreten, und die Entwicklung der Dinge hat uns im allgemeinen recht gegeben. Der
jezige Zeitpunkt ist besonders geeignet, dem Gedanken eine gesetzgeberische Geslalt zu geben.
Über die Zusammensetzung der Ausschüsse sind meine Freunde geleilter Meinung. Ich
versönlich bin dafür, schon für 30 Arbeiter Ausschüsse zu bilden. Den Angestelltenaus-
schüssen mühte aber dieselbe Zahl zugrunde gelegt werden. Notwendig sind auch sie.
Abg. Frhr. von Gamp (Rp.): Zahlreiche Belriebe, die mit dem vaterländischen Hilfs-
dienst nichts zu lun haben, fallen überhaupt nicht unter dies Gesetz. Insoferu wirkt das
Gesetz disparltätisch. Welche Bezlehungen haben denn die Hilfsdienstpflichtigen zu dem
Arbeitgeber? Es liegt keine Solidariläl der Interessen vor, es sehlt der moralische Grund
für ein gedeihliches Zusammenwirken in den Arbeiterausschüssen. Noch ungünstiger liegen
die Verhältnisse bei den Angestellten. Es fehlen in zahlreichen Verhältnissen die Voraus-
setzungen für die Bildung von Angestelllenausschüssen.
Abg. Zubeil (soz. Arbeilsgem.): Um die Arbeiter und Arbeiterinnen zu schützen,
ist es nötig, die Zahl der Arbelter in den Betrieben, für die Arbeiterausschüsse errichtet
werden müssen, auf 20 herabzusetzen. Ebenso verlangen wir, daß nicht nur die volljährigen
Arbeiler, sondern alle über 18 Jahre alten Arbeiter und Arbeiterinnen wahlberechtigt
sein sollen. Ferner müssen die Unternehmer oder die Werkleitung gesetlich gezwungen
werden, mit den Arbeiler- und Angestelltenausschüssen über die Regelung der Lohn- und
Arbeitsbedingungen der Gesamtarbeiterschaft, sowie über Beschwerden zu verhandeln.
Wir beantragen eine entsprechende Anderung des 5+ 12. Endlich müssen obligatorische
Einigungsämter für den Bereich eines jeden Bezirkskommandos errichtet werden. Die
Bestimmungen des § 13 des Kompromißankrages genügen uns nicht.
Abg. Landsberg (Soz.): Generalleutnant Groener hat in der Kommission erklärt,
daß bei der Bildung der Ausschüsse die Vorschläge der Organisationen Berücksichligung
finden würden. Ich würde wünschen, er wiederholte diese Erklärung hier, es würde damit