Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst vom b. Dezember 1916. 885
Klugheit schon sollte man alsbald dieses Berfahren aufgeben, das auch den Haager Ab-
machungen, die wir anerkannt haben, widerspricht. Die Erkenntnis, daß in diesem Kampfe
es keine Sieger und Besiegle geben wird, dringt immer weiter; selbst der Abg. Scheide-
mann hat das berelts einräumen müssen. Die Niederlage unseres Volkes will niemand;
es kommt aber darauf an, klar zu erlennen, was ist. Die Erwartung, daß es doch noch
gelingen werde, den anderen vernichtend zu schlagen, beruht auf ganz falschen Grund-
lagen. Zur Steigerung der Produktion im eigenen Lande braucht man ein solches Gesetz
nicht; geben Sie den Arbeitern reichlich Brot, und die Produktion wird den Vorteil davon
haben. Die Verwüstungen des Krieges, seine blutigen Opfer werden letzten Endes für
uns die Wegweiser auf dem Wege zum Sozialismus sein.
Abg. Behrens (deutsche Fraktion): Ich protestiere gegen die Ausführungen des
Vorredners. Die wirklichen Arbeitervertreter haben vorhin gesprochen, der Abg. Haase
repräsentiert nur eine kleine Gruppe. Die deutsche Arbelterschaft sieht in dem Ges. den
Ausdruck des besten Willens, den Krieg durch diese Anspannung der gesamten deutschen
Volkskraft seinem raschen und siegreichen Ende entgegenzuführen.
Staatssekretär d. J. Dr. Helfferich: Ich danke dem Herrn Abg. Behrens, der mir
einen großen Teil dessen, was ich auf die Ausführungen des Herrn Abg. Haase zu sagen
hälte, abgenommen hat. « .
Ich habe nur ein Wort hinzuzusügen. Der Herr Abg. Haase hat sich auch mit der
Heranziehung der belgischen Arbeitslosen zur Arbeit beschäftigt. Herr Haase hat behauptet,
daß diese Heranziehung gegen Menschlichkeit und Bölkerrecht verstoße, und hat daraus die
üblichen Folgerungen gezogen. M. H., ich stelle fest, daß die Heranziehung der belgischen
A2A#Fgbeitslosen zur Arbeil durchanus innerhalb des Rahmenz des Völkerrechts sich bewegt,
daß sie zu keiner Arbeit herangezogen werden, zu der sie nach dem Völkerrech! nicht heran-
gezogen werden dürsen. Wir stehen also formell und materiell durchaus auf dem Boden
des BVölkerrechts und machen von unserem guten Recht Gebrauch. Außerdem aber erfüllen
wir, indem wir die belgischen Arbeitslosen zur Arbeit heranziehen, eine Pflicht, elne Pflicht
gegenüber unserer lämpfenden Truppe. Im Rücken unserer kämpfenden Truppe brauchen
wir Ruhe und Ordnung. Es gibt keinen größeren Feind der Ordnung als den Müßiggang.
Wir können es nicht vertragen, und die Tiuppe draußen kann es nicht vertragen, daß in
ihrem Rücken eine müßiggehende, unruhlge Bevölkerung siß#t.
Die Heranzlehung dieser Arbeiter in den Formen, in denen sie geschieht, kommt aber
auch der belgischen Bevölkerung selbst zugute. Wer hat ein Interesse daran, daß der belgische
Arbeiter, der im allgemeinen ein braver und fleißiger Arbeiter ist, nun jahraus jahrein,
solange dieser Krieg dauert, dalitzt und die Hände in den Schoß leg#? Dabei muß der bel-
gische Arbeiter verkommen. Dabei geht seine industrielle Kraft für die Zukunft, für den
zulünfilgen Wiederaufbau seines Landes allmählich verloren. Daran haben wir kein In-
leresse daran hat erst recht Belgien kein Interesse, daran hat nur England ein Interesse;
und die Geschäfte Englands zu besorgen, das überlassen wir anderen.
Abg. Bouer (Soz.): Die Ausführungen des Abg. Haase lassen jedes Verständnis
vermissen für die Lage, in der sich unser Volk befindet. Wenn die Angaben Haases richtig
sind, dann schließen wir uns dem Prolest gegen die Heranzlehung der belgischen Arbeiter
an. Im übrigen haben wir uns In den Verhandlungen des Ausschusses bemühl, auch in
direkten Verhandlungen mit der Regierung, eine Verbesserung der Lage der belgischen
Arbeiter herbeizuführen.
Abg. Dittmann (soz. Arbeitsgem.): Gegenüber dem Staatssekretär möchte ich darauf
hinwelsen, daß der Generalgouverneur von Bissing der holländischen Regierung ver-
sicherte, daß die von Holland nach Belgien zurückkehrenden Arbeiter unter keinen Um-
ständen aus Belgien nach Deutschland transportiert werden würden. Diese zusichernde
Erklärung ist nicht gehalten worden. Dem Abg. Bauer bemerke ich, die spätere Zeit wird
zeigen, wer ein größeres Verständnis für die Lage des Landes hat. Ich bin fest überzeugt,
daß die deutsche Arbeiterschaft nicht auf dem Standpunlte des Abg. Bauer, sondern auf
dem Haases steht. Daß die organisierte Arbeiterschaft, die Gewerlschaften, nicht aus dem