890 . M. Baterländischer Hilssdienst.
Arbeitgebers die Schlichlungsstelle anrufen, halie ich für. unmöglich; erst muß doch der
Arbeiter dem Arbeitgeber vorschlagen, was er will, und wenn sie sich nicht einigen, dann
kann der Ausschuß angerufen werden. Wenn das Urteil des Ausschusses dem Kriegsamt
vorgelegt wird, wird dieses nicht so unvernünfiig sein, es zuzulassen, wenn der Arbeiter
nicht erst mit seinem Arbeilgeber verhandelt hat.
. Abg. Dr. Rösicke (dkons.): Es ist wohl die Möglichkeit gegeben, daß der Arbeiler
hinter dem Rücken des Arbeltgebers sofort an den Ausschuß geht. Dadurch wird zwar der
Arbeitgeber nicht geschädigt, aber in dieser Kriegszeit kann die Ernährungsfrage durch solche
Streitigkeiten gefährdet werden. Die Landwirtlschaft muß cinheitliche Arbeitsbedingungen
haben, denn wenn irgendwo bessere Arbeitsbedingungen bestehen, spricht sich das herum
und der Arbelter an anderer Stelle will dann dieselben Arbeitsbedingungen haben. Dann
wird der Arbeilgeber aber nicht sagen, er könne gehen, sondern er wird sehen, was sich
machen läßt.
Abg. Brey (Soz.): Daß die Verhältnisse der ländlichen Arbeiler die schlechteslen in
Deutschland sind, bleibt bestehen, und nun wird noch der Arbeitszwang eingeführt, die
Landwirtschaft bekommt Arbeiter überwiesen aus gewerblichen und industriellen Betrieben.
Deshalb müssen wir den Arbeitern ein Mindestmaß von Schut gewähren.
Abg. Stolle (Soz.): Die Befürchtungen des Abg. Rösicke treffen nicht zu. Der Land-
wirt, der seine Arbeiter gut behandelt, hat keinen Mangel an Arbeitern. Der Antrag des
Grafen Bestarp würde aber die landwirtschaftlichen Arbeiter vogelfrei machen.
Der Antrag Graf Westarp wird gegen die Stimmen der Deutschkonserwativen ab.
gelehnt, der Paragraph bleibt unverändert.
s 13a hlautcl:
„Den im vaterländischen Hilfsdienst beschäftigten Personen darf die Aus-
übung des ihnen gesetzlich zustehenden Vereins= und Versammlungsrechts nicht be.
schränkt werden.
Ein Kommissionsantrag Spahn will diesen Paragraphen redaktionell so
fassen, daß den im Hilfsdienst beschäftigten Personen das gesetzliche Vereins- und
Versammlungsrecht gewahrt wird.“
Abg. Bauer (Soz.): Ich bitte Sie dringend, an der ursprünglichen Fassung fest-
zuhalten. Die neu vorgeschlagene Fassung ist auf Anregung des Unterstaatssekrelärs
Richter gewählt worden. Diese Fassung ist uns bedenllich.
Staatssekretär d. J. Dr. Helfferich: M. H.1 Ich möchte gegenüber den Ausführungen
des Herrn Abg. Bauer für die mir unterstellten Beamten eintreien. Es ist ganz selbstver-
ständlich, daß ich, der ich die Verantworkung für die Geschäfte meines Ressorts trage, mich
in allen Dingen auf das eingehendste orienliere. Dabel bin ich selbstverständlich auf die
Beratung und die Mitwirkung der mir unterstellten Veamten, vor allem der beiden Unter-
staalssekretäre, darunter auch des Herrn Unterstaatssekrelärs Dr. Richter, angewiesen.
Aber die Versicherung kann ich den Herren geben: in dem Sinnc, wie der Herr Abg. Bauer
meinl, werde ich von keinem meiner Beamten beraten. Schließlich habe ich mich auch,
wenn ich auch noch nicht ein halbes Jahr an der Spitze meines Ressorts stehe, mit diesen
für unsere ganze wirtschaftliche Entwicklung so wichtigen Dingen immer eingehend be-
schäftigt, und ich glaube mir auch einiges Urteil in bieser Beziehung zutrauen zu dürfen.
Ich glaube, übersehen zu können, ob das, was meine Herren mir raten, gerechtsertigt ist
oder nicht, und ich glaube, in allen wesenklichen Dingen eine selbständige Auffassung zu
besitzen, die ich auch vertrete.
Im übrigen, m. H., waren wir bei der langen Debatte vorgestern einig darüber,
daß im Sinne der Anträge zu §s 13a neues Recht hier nicht geschaffen werden soll. Es ist
hier zum Ausdruck gebracht worden, daß das bestehende Recht eingeschärft werden soll,
und diesem Zweck, der hier allgemein vertreten worden ist, wird durch die neu vorgeschlagene
Redaktlon besser Rechnung getragen als durch die alte. Ich habe neulich erklärt, daß durch
den Zusatz, den der Herr Abg. Dr. Spahn beantragt, mir meine Bedenken beseltigt er-
scheinen, und ich glaube — es sind fast alle Parteien, dle unter dem Antrag stehen — der