Full text: Kriegsbuch. Sechster Band. (6)

Verfolgung von Zuwlderhandlungen gegen Vorschriften üb. wirlschaftliche Maßnahmen. 515 
Geltung nach Erlaß, stehen dieser Annahme in der Kriegszeit entgegen. Verschuldet wird 
aber regelmäßig die Unkenntnis von dem Bestehen einer VO. sein, die bereits länger 
bcsteht, in Tages- und Fachzeitungen, in Gerichtsverhandlungen und im Tagesgespräch 
vielfach behandelt ist. Anders der Irrtum über die Anwendbarkeit einer dem Täter be- 
kaunten Verordnung, also über ihre Bedeulung und das Unterfallen einer Handlung 
unter dies Gesetz so z. B. Über den Begriff des täglichen Bedarfs und die Zugehörigkeit 
einer Ware zu diesem. Insoweit kann das Verschulden weder aus der Gewerbspflicht 
allein noch aus der Unterlassung der Ratseinholung gefolgert werden. Vielmehr lommt 
es darauf an, wie der Täter sich sein Urteil gebildet hat, ob aus eigener oberflächlicher 
Überlegung oder aus einer Belehrung, die er nicht ohne weiteres für richtig halten durfte. 
DTie Unterlassung der Ratseinholung für sich allein ist uur dann schuldhaft, wenn der Täter 
nach den Umständen sich eines Rates bedürftig fühlte oder fühlen mußte, sich also der 
Unzuverlässigleit oder Unsicherheit der eigenen Meinung bewußt sein mußte oder konntc. 
Das Verschulden entfällt auch, wenn dem Täter schuldlos Personen oder Stellen zur 
Ratserteilung nicht bekannt waren. 
x. R. I, Recht 17 555 Nr. 1063. Der Jrrtum ist nicht unverschuldet, der darauf 
beruht, daß der Täter nur gelegentlich erfahren hat, daß die zuständigen Verwaltungs- 
bellen oder die bei Schaffung des Gesetzes tätigen Reichsbehörden eine bestimmte Auf- 
sassung vertreten. Nur darauf kommt es an, daß der Täter zur Erlangung der Kenntnis 
von dem Bestehen, dem Inhalt und der Bedeutung des Gesetzes alles getan hat, was nach 
seiner Persönlichkeit und den Verhältnissen gefordert werden kann. Gleichgültig ist es 
dagegen, ob der Täter, der dies versäumt hat, dann, wenn er pflichigemäß gehandelt 
bätte, auch eine richtige Auslunft erhalten hätte oder ob er umgekehrt vermutlich von 
maßgebenden Stellen in seinem Irrtum bestärkt worden wäre. Lediglich die Prüfung 
des eigenen Verhaltens des Täters kann über Verschulden oder Nichtverschulden entscheiden, 
nicht aber der vermutliche Erfolg pflichtgemäßen Verhaltens, der sich nicht im voraus 
sicher bestimmen läßt, zumal auch eine irrige Auskunft unter Umständen und in einer 
Form erteilt werden kann, die dem Täter die richtige Auslegung nahelegen oder ihn zu 
Nachsorschungen veranlassen können. 
1. RG. 1, Recht 17 556 Nr. 1065. Ist in kaufmännischen Kreisen die irrige Meinung 
verbreitet, der Kaufmann dürfe auch für vorhandene Bestände oder die noch nicht ge- 
lieserte aber fest gekaufte Ware die Preise heraufsetzen, sobald die Fabrikanten mit der 
neu hergestellten Ware in die Höhe gingen, so wird dadurch allein der einzelne für die 
Heraufsetung der Preise nicht enischuldigt, sondern nur dann, wenn er im Vertrauen 
auf die Richtigkeit der von den Berufsgenossen allgemein vertretenen Meinung und indem 
er diese — ohne Verschulden — teilte, jenes Verfahren für erlaubt hielt. 
b) Die Feststellung des unverschuldeten Frrtums. 
G. v. Hippel, Leipz B. 17 703. Nachweislicher Irrtum wird nicht verlangt. Vei 
non liquet ist freizusprechen; ebenso Binding a. a. O. 300. 
H. Goldschmidt a. a. O. 187. Aus der verwaltungsstrafrechtlichen Natur der Zu- 
widerhandlungen gegen die auf Grund des Ermächt G. erlassenen Vorschriften ist zu 
folgern, daß nur der „nachweislich“ unverschuldete Rechtsirrtum vor Strafe schützt. 
. JW. 17 774 (VayOLG.). Auf die . kann sich nur der Angell. berufen, der 
die Handlung in der Annahme vorgenommen hat, daß ihr kein Verbot entgegenstehe und 
bei dem diese irrige Annahme nicht auf einem Verschulden beruht. Der Beweis des Jrr- 
tums und des Nichtverschuldens ist durch die Beweisaufnahme zu erbringen. Wenn auch 
nicht dem Angellagten obliegt, diesen Beweis zu erbringen, so kann doch für die Regel 
die bloße Behauptung des Angeklagten, in unverschuldetem Rechtsirrtum gehandelt zu 
haben, nicht ausreichen, um ihn vor der Bestrafung zu sichern. Eine solche Behauptung 
muß, wenn nicht durch die Veweiserhebung unterstützendes Material herbeigebracht 
wird, unberücksichtigt bleiben (Schäfer, Leipz Z. 17 425 ff.). Wollte man der bloßen Behaup- 
tung des Angekl., in unverschuldetem Irrtum gehandelt zu haben, eine ausschlaggebende 
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