Full text: Kriegsbuch. Sechster Band. (6)

Überführung der Kriegs- in die Friedenswirtschaft (Reichstagsberichl). 527 
sorgung von großer Bedeutung sind. Endlich ist eine Statistik über die Schiffahrt auf- 
genommen, die den Standort der einzelnen Schiffe, deren voraussichtliche Fahrbereitschaft 
und die Vergebung der in ihnen zur Verteilung slehenden Schiffsräume zum Gegenstand 
hat. Diese letzte Statistik ist im wesentlichen abgeschlossen. 
Neben diesen statistischen Erhebungen haben umfangreiche Verhandlungen mit 
der Industrie und dem Handel stattgefunden, um über die Frage, welche Organisationen 
für die Versorgung der Industrie mit Rohstoffen die zweckdienlichsten sind, Klarheit zu 
schassen. Diese Verhandlungen erfordern, weil sic sich in sehr viele Einzelheiten zu ver- 
lieren haben, erhebliche Zeit und sind noch in der Schwebe. Im großen und ganzen ist 
ihr Ausgangspunkt der gewesen, daß eine möglichst gleichmäßige Verforgung aller In- 
dustrien anzustreben ist, um vor allem die von der Fahne entlassenen Arbeiter tunlichst 
gleichmäßig zu beschäftigen. Diesem Grundgedanken hat sich die Industrie im wesentlichen 
zustimmend erklärt. Dabei spielt dic Frage, in welcher Weise dic inzwischen getätigten 
Vorkäufe zu behandeln sind, eine nicht unbedeutende Rolle und es bestehen noch erhebliche 
Meinungsverschiedenheiten auf diesem Gebiete. Es liegt in der Nalur der Dinge, daß 
derjenige, der das Risiko des Kaufes gelaufen hat, auch den Vorteil des Geschäfts für sich 
beansprucht. Würde dieser Gedanke durchgeführt werden, so wäre das Prinzip der möglichst 
gleichmäßigen Beschäftigung der gesamten Industric nicht durchzuführen, und es wird 
deshalb der Gedanfe ventiliert, diesenigen, welche Vorkäufe getäligt haben, in bestimmter 
Weise, gewissermaßen durch eine Prämic, zu bevorzugen, im übrigen aber die durch Vor- 
käufe gesicherten Waren der allgemeinen Verteilung zuzuführen. Die Verhandlungen 
hiertber sind noch nicht abgeschlossen. 
Die Aufsgabe der Organisalion soll vornehmlich in der Verleilung der eingefüdrten 
Warenmengen nach bestimmlen Schlüsseln, die im voraus zu finden sind, bestchen. Der 
Einkauf der benötigten Waren soll dem einzelnen Verbraucher überlassen bleiben. 
Besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Organisation ergeben sich da, wo neben 
den aus dem Ausland zuströmenden Rohstoffen Inlandsprodukte zur Deckung des Bedarfs 
der Industrie in Frage stehen. Das ist der Fall bei Wolle, Hanf, Flachs, Leder. Hier 
werden besondere Einrichtungen notwendig werden, die die Inlandsprodukte in gleicher 
Weise wie die Auslandsprodulte zur Verteilung bringen und da, wo cs nötig ist, den Aus- 
gleich der Preise bewirken sollen. 
II. Gestaltung des Geldverkehrs in der Übergangswirtschaft. 
Präsident der Relichsbank. 
(Drucks. Nr. 749 S. 14.) 
Selbstverständlich bin ich nicht in der Lage, mit Sicherheit zu prophezeien, wie die 
Zukunft sich gestalten wird. Ich kann heute nicht mit Sicherheit sagen, welchen Einfluß 
diese Verhältnisse auf das Kapital, auf den Zinssuß und auf die Geldteuerung haben werden. 
Ich kann nicht mit Sicherheit sagen, ob ein etwaiges Teurerwerden des Geldes und wie 
weit es einen Einfluß haben wird auf den Kurs unserer Kriegsanleihen. Das alles wird 
zunächst abhängen von dem Ausgang des Krieges und wird weiter davon abhängen, ob 
und in welcher Höhe wir eine Kriegsentschädigung erzwingen können. Aber daß die ge- 
waltigen Ansprüche, die an das deutsche Volk in bezug auf Steuerlasten und allgemeine 
Auswendungen nach dem Kriege herantreten werden, und daß die großen Kreditansprüche 
die an den Markt drängen werden, eine Verteuerung des Geldes herbeiführen werden, 
das ist mir in hohem Grade wahrscheinlich. 
Daraus folgt aber noch nicht, und wir brauchen noch nicht damit zu rechnen, daß in- 
solgedessen nun auch eine starke Erhöhung des Kapitalzinssußes über dic gegenwärtigen 
Verhältnisse hinaus erfolgen wird. Denn es ist nicht der Zinsfuß des offenen Geldmarkts 
und der Bankdiskont entscheidend, jedenfalls nicht allein entscheidend für die Entwicklung 
und Gestaltung des Kapitalzinssußes. Wir sind in der schwersten Kriegszeit mit einem 
Zinsfuß von 5% ausgekommen, mit diesem Zinssuß haben wir sechs Kriegsanleihen fast 
ohne Anderung des Ausgabekurses ausgeben können. Sie sind mit Freude und mit großer
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.