544 6. Übergangswirtschafl.
VII. Regelung der Arbeit-sverhältnisse und des Arbaitsschutzes.
Gewerkschaftliche Forderungen.
(Drucks. Nr. 805 S. 6.)
1. Bei der Unsicherheit der Erwerbsverhältnisse während der Übergangs
ist, sofern nicht eine staatliche Arbeitslosenversicherung durchgeführt wird, eine
losenunterstützung aus Reichsmitteln zu gewähren.
2. Der durch Bundesratsverordnung geschaffene Zustand, wonach das Arbeitsein.
kommen in höherem Betrage als nach § 4 Ziff. 4 des Gesetzes betreffend die Beschlagnahme
des Arbeits- und Dienstlohnes der Psändbarkeik entzogen ist, ist aufrechtzuerhalten; & 850
Abs. 2 der ZivilprozeHordnung ist auf die Löhne und Gehälter der Arbeiter und Angestellten.
sowie auf Ruhegehälter und Hinterbliebenenbezüge der auf Privatdienstvertrag Beschäf-
tigten, soweit Bezüge von nicht mehr als 5000 M. jährlich in Betracht kommen, auszu.
dehnen.
3. Die während des Krieges vorübergehend außer Kraft gesetzten Arbeiter-Be.
stimmungen müssen sofort nach Friedensschluß wieder in ihre volle Wirksamkeit treten.
Das durch Bundesratsverordnung geschaffene Verbot der Nachtarbeit in Bäckereien
und Konditoreicn, sowie der Siebenuhrladenschluß für offene Verkaufsstellen mit seinen
Ausnahmen für Lebensmittelverkauf, sind beizubehalten.
4. Die während des Krieges vorübergehend außer Kraft gesetzten Bestimmungen
der Arbeiterversicherungsgesetze sind sosort nach Friedensschluß wieder in Geltung zu
bringen.
Die Krankenversicherung der Heimarbeiter ist neu zu regeln.
5. Die Bundesratsverordnung über die Gewährung von Wöchnerinnenunterstützung
ist während der Dauer der UÜbergangswirtschoft aufrechtzuerhallen und ihre Einführung
in die Reichsversicherungsordnung vorzubereiten.
6. Zur Schlichtung von Tarifsstreitigleiten und Arbeilsdifferenzen, die nicht durch
die zusländigen Instanzen der Tarifverträge erledigt werden können, sind für die einzelnen
Bundesstaaten bzw. Provinzen amtliche Schlichtungsstellen auf paritälischer Grundlage
zu errichten, bei Streitigkeiten für den Bereich eines Reichstarifs ein im Reichslommis-
sariat für Ubergangswirtschaft zu errichtender parilätischer Reichsausschuß.
7. Die durch das Gesetz bekreffend den vaterländischen Hilfsdienst geschaffenen Ar.
beiter- und Angestellten--Ausschüsse, Schlichtungsstellen und Armeekorps--Ausschüsse werden
sinngemäß auf die Übergangswirtschaft übertragen, dergestalt, daß die Schlichtungsstellen
in der Regel für den Bezirk eines Stadtkreises bzw. Landkreises, die Armeekorps--Aus-
schüsse für den Bezirk einer Provinz oder eines Bundesstaates zu errichten sind. An Stelle
der militärischen Vorsitzenden treten die zusländigen Gewerbeaussichtsbeamten, an Stelle
des Kriegsamts der Reichskommissar für Übergangswirtschaft. Wo ein Gewerbegericht
oder Berggericht als Einigungsamt besteht, kann im Einverständnis beider Parteien auch
dicses als Schlichtungsstelle angerufen werden.
8. Die Arbeiter- und Angestellten-Ausschüsse haben Anträge, Wünsche und Be-
schwerden der Arbeiter ihres Betriebs in bezug auf Lohn= und Arbeitsverhältnisse zu prüfen
und mit eigener Außerung zur Kenntnis des Unternehmers zu bringen.
Die Schlichtungsstellen entscheiden über Streitsälle, die durch Verhandlung zwischen
Arbeiterausschuß und Unternehmer nicht erledigt werden konnten, durch Fällung cines
Schiedsspruchs. Der Einladung der Schlichtungskommission haben die streitenden Par-
teien Folge zu leisten. Die Schlichtungsstelle soll auch dann entscheiden, wenn die eine
der Parteien der Verhandlung fernbleibt. Die streitenden Parteien haben innerhalb
einer bestimmten Frist zu erklären, ob sie den Schiedsspruch anerkennen.
9. Den Arbeitern und Angestellten ist durch Reichsgesetz eine anerkannte Vertretung
in Kammern auf beruflicher Grundlage zu gewähren.
10. Vereinbarungen von Arbeitsgemeinschaften der Unternehmer und der Arbeiter-
bzw. Angestelltenverbände zum Zwecke der Arbeitsbeschaffung oder Kriegsbeschädigten-
wirtschaft
Arbeits.