Full text: Kriegsbuch. Sechster Band. (6)

644 B. Geltendmachung von Ansprüchen während der Kriegszelt. 
3. Löwenfeld, Grundbesitz und Realkredit 1917 Nr. 38. Bei Beantwortung der 
Frage, ob der erhöhte Mietzins angemessen ist, kann das Einigungsamt einen objektiven 
oder subiektiven Maßstab anlegen oder beide. Es kann objektiv untersuchen: Was ist die 
Wohnung nach ihrer Lage und Beschaffenheit wert? Welcher Mielzins ist dafür im Durch. 
schnitt der letzten drei Jahre erzielt worden? Welcher Mietzins wird für eine Wohnung 
in solcher Art und Lage gewöhnlich gezahll!? Welche Mieterhöhung ist infolge etwaiger 
Verbesserungen der Wohnung oder des Hauses berechtigt? Welche Mieterhöhung ist 
durch die infolge allgemeiner Preisberschiebung eingetretene Wertsteigerung der 
Wohnungen überhaupt gerechtfertigt? Der Landes Verb. bay. Haus- und Grundbes.-V. 
und der Verbandstag der Haus- und Grundbes.-V. Deutschl. haben grundsäwlich gefordert 
daß die Mieten so viel einbringen, daß sie " 
a) in vollem Umfange die Zinsen, Steuern und Unkosten des Hauses decken, 
b) dem Hausbesitzer eine angemessene Verzinsung, etwa 5—6 v. H. seines eigenen 
im Hause investierten Kapitals, gewährleisten, sowie daß 
J) dem Hausbesiher eine angemessene Entlohnung für seine Mühewaltung und Arbeit 
verbleibe. 
In den Materialien zur Verordnung ist für die Bemessung des Mietzinses der sub. 
jektive Maßstab hervorgekehrt. Bei ihm ist davon auszugehen, wieviel die Lasten des 
Hauses unter normalen Verhältnissen vor dem Kriege betragen haben. Dann ist weiter 
zu fragen, um wiepviel sice infolge Erhöhung sämtlicher Preise, der Heraussetzung der Hy. 
pothekenzinsen sowie der Steigerung der Hausunkosten gewachsen sind (Begr.). Daß 
eine solche Erhshung der Hausunkosten während des Krieges stattgefunden hat, wurde, 
wie die Materialien ergeben, allerseits anerlannt. Ferner ist zu prüfen, welche Verluste 
der Vermieter durch Mietausfälle insolge Zahlungsunfähigkeit von Mietern und infolge 
Leerstehens von Wohnungen während des Krieges gehabt hat. (Staatssekr. Helfferich 
im RT. St. B. 3539ff.) Auf dieser Grundlage ist zu berechnen, um wieviel die Miet- 
preise erhöht werden müssen, um diese Mehrkosten und Verluste auszugleichen. Sache 
des beklagten Vermieters ist es, eine zahlenmäßige Rechnung auszumachen, welche die 
Gesamtsummc der Mehrausgaben und ihre entsprechende Verteilung auf die einzelnen 
Mieträume des Hauses ersehen läßt. Auf der andern Seite ist der Gebrauchswert, den die 
Wohnung für den Mieter hat (Begr.), und die Höhe seines Einkommens zu berücksichtigen, 
um festzustellen, welche Mieterhöhung ihm nach seinen Einkommenverhältnissen zugemutet 
werden kann. 
4. Löwenfeld, Grundbesitz und Realkredit 1917 Nr. 38. Auf das Versahren vor 
dem Einigungsamt dürfen die Vorschriften der ZPO. wegen der erheblichen Unterschiede 
beider Verfahrungsarten num mit größter Vorsicht analog angewendet werden. So 
wäre es bedenklich, wenn das Einigungsamt in Fällen, in denen es nach der VUO. oder 
infolge mangelnder Ermächtigung der Landeszentralbehörde unzuständig ist, sich aus 
Grund der rs 38 und 40 3PO. durch Vereinbarung der Parteien zur Entscheidung für 
zuständig crachten würde; noch bedenklicher wäre es, wenn das Einigungsamt in einem 
Falle, in dem es unzuständig ist, auf Grund des § 39 38 PO., weil der Beklagte sich auf 
die Verhandlung eingelassen hat, ohne die Unzuständigkeit des Einigungsamts geltend zu 
machen, eine wirksame, stillschweigende Vereinbarung der Zuständigkeit annehmen wollte. 
5. Cohn a. a. O. 42. Zweifelhaft ist es, wie das Amt zu verfahren hat, wenn der 
Vermieter einwendet, auf seine Kündigung komme es gar nicht an, weil das Mietverhältnis 
nach dem Mietvertrag auch ohne Kündigung endige. Man könnte meinen, das Amt müsse 
diese Behauptung prüfen und, wenn es sie richtig finde, den Antrag des Mieters wegen 
Fehlens eines Schutzbedürfnisses ablehnen. Es ist aber zu bedenken, daß die Entscheidung 
des Einigungsamts darüber, ob das Mietverhältnis ohne Kündigung aufhört, nicht maß- 
gebend wäre, der ordentliche Nichter anders urteilen könnte und dann auch das Amt zu 
erneuter Prüfung gezwungen würde. Richtiger ist es deshalb, wenn das Einigungsamt 
sich alsbald Über die Wirksamkeit der nun einmal erfolgten Kündigung ausspricht, auch, so-
	        
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