Full text: Kriegsbuch. Sechster Band. (6)

542 F. Beschaffung u. Vertellung d. Arbeitskräfte. Arbelterschutz. Krlegswohlfahrtspflege usw. 
Bek. über die Gewährung von Sterbegeld und Hinterbliebenenrenten 
bei Gesundhbeitsschädigung durch aromatische N#troverbindungen. 
Vom 12. Oktober 1917. (REl. 900.) 
88.1 8§8 1. Wenn eine nach dem dritten Buche der Reichsversicherungsordnung versicherte 
Person bei Herstellung von Kriegsbedarf sich eine Gesundheitsschädigung durch nitrierte 
Kohlenwasserstoffe der aromatischen Reihe (z. B. Dinitrobenzol, Trinitrotoluol, Trinitro- 
anisol) zuzieht und infolge ihrer Einwirkung stirbt, so sind Sterbegeld und Hinterbliebenen. 
renten unter entsprechender Anwendung der Vorschriften der Reichsversicherungsordnung 
auch dann zu gewähren, wenn der Tod nicht als Folge eines Unfalls, sondern als Folge 
einer allmählichen Einwirkung der genannten Stoffe anzusehen ist. 
8 2. War der Verstorbene in mehreren Betrieben beschäftigt, welche die im & 1 ge- 
nannten Stoffe herstellen oder verarbeiten, so hat derjenige Versicherungsträger die Be- 
züge sesizusetzen und zu gewähren, dem der Betrieb angehört, in welchem der Verstorbene 
zuletzt mit jenen Stoffen beschäftigt worden ist. 
&s 3. Der Reichskanzler kann besondere Borschriften zur Ausffihrung dieser Ver 
ordnung, insbesondere über die Aufbringung der Mittel erlassen. 
#à& 4. Diese Verordnung gilt rückwirkend für die seit dem 1. August 1914 eingetretenen 
Todesfälle. Die Frist zur Aumeldung von Ansprüchen aus zurückliegenden Todesfällen 
läuft frühestens mit dem 1. Februar 1918 ab. 
Ansprüche auf Sterbegeld und Hinterbliebenenrenten, die seit dem 1. August 1914 
rechtskräftig abgelehnt worden sind, weil die schädigende Einwirkung der im §& 1 genannten 
Stkoffe nicht die Folge eines Unfalls gewesen ist, hat der Versicherungsträger nach den 
Vorschriften dieser Verordnung zu prüfen. Führt die Prüfung zu einem dem Berech- 
tigten günstigeren Ergebnis oder wird es von dem Berechtigten verlangt, so ist ihm ein 
neuer Bescheid zu erteilen. 
à& 5. Der Reichskanzler bestimmt den Zeitpun't des Außerkrafttretens dieser Ver. 
ordnung. 
Begründung. (D. N. XI 264.) 
Während des Krieges hat sich ein dringendes Bedürfnis ergeben, für die bei 
Herstellung und Derarbeitung gewisser Munitionsstoffe auftretenden Gesundbeits- 
schädigungen einen erweiterten Schutz zu schaffen. Denn es waren mehrfach tödlich 
verlaufene Dergiftungsfälle beobachtet worden, in denen eine Fürsorge für die Binter- 
bliebenen nach dem dritten Buche der RD. nicht eintreten konnte, weil der Cod das 
Endergebnis einer Reihe längere Feit andauernder schädlicher Einwirkungen der Be- 
triebsweise war und in solchen Fällen nach der Rechtsprechung des RDIl. die Merkmale 
cines versicherungspflichtigen Unfalls nicht vorliegen. Es handelt sich wesentlich um die 
schädliche Einwirkung nitrierter Kohlen wasserstoffe der aromatischen Reihe. Nach 
ärztlicher Ansicht endet die gesundheitsschädliche Einwirkung solcher Stoffe in der Regel 
in verhältnismäßia kurzer Seit entweder mit der Genesung oder mit dem Tode. Im 
ersteren Falle ist durch die Krank D. hinreichend gesorgt. Es war deshalb nur eine 
Fürsorge bei Todesfällen für die Hinterbliebenen erforderlich. Diese Versorgung wiro 
für die Hinterbliebenen der den Vorschriften der Reichsversicherung über die UnfalldD. 
unterliegenden Hersonen gewährt durch die Zek. v. 12. Okt. 1917 (RGBl. 900). 
Die VO. ist nicht auf Grund des § 547 RDO. als dauernde Maßnahme, sondern, 
auf Grund des §& 3 des sog. Erm G. als Kriegs DO. erlassen worden, weil die stark giftig 
wirkenden Mitroverbindungen, wie Dinitrobenzol, CTrinitrobenzol, Trinitrotoluol, in 
Friedenszeiten nur gelegentlich und in Betrieben mit geschulten Arbeitern und mit 
den erforderlichen Schutzeinrichtungen verwendet werden, während bei dem durch den 
Krieg herbeige führten dringenden und umfassenden Munitionsbedarf die Berstellung 
und Derarbeitung jener Giftstoffe notgedrungen nicht selten unter Derhältnissen ge- 
scheh#en muß, die für die Gesundhkeit der Arbeiter erheblich ungünstiger sind. Es handelt
	        
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