Bel., betr. Liquidation französischer Unternehmungen v. 14. März 1917. 769
bind dic in der ersten Kriegszeit besonders häufig aufgetretenen Fãlle, wo geradezu eine
Ferstörungs= und Vernichtungswut der franz. Sequester gegen das deutsche Eigentum
tobte, der viele deutsche Geschäfte, besonders Hotels, zum Opfer fielen und die sogar die
franz. Regierung zwang, in einem Dekret vom Uovember 1915 den Sequestern zu
erklären, die Sequestration solle keine „spoliation“, kein Raub sein. Indessen ist, wenn
auch äußerlich in etwas anderen Formen, der lmpf gegen das deutsche Eigentum
fortgegangen, sowohl in Frankreich selbst, als in seinen Kolonien. Man wählte dafür
vielfach die Form der künstlich herbeigeführten Gahlungsunfähigkeit, indem man den
deutschen Firmen ihre Guthaben und Außenstände vorenthielt, sie aber auf der anderen
Seite zwang, ihre Schulden zu bezahlen. Derschiedene Gerichte haben so dic in ihrem
Bezirke domizilierten deutschen Unternehmungen als im Sustand der „Faillite ouverte“
oder der „liquidation“ befindlich erklärt (so 3J. B. die Gerichte von Uancy, von Rouen),
andere haben gegen deutsche Hrivatpersonen, obwohl sie bedentende Bankguthaben
besaßen, die „Cessation des payments“ festgestellt. Die Sequester haben zum Teil
ohne Mot Warenbestände, deren dauerhafte Art eine beliebig lange Aufbewahrung
ermöglichte, zu Schleuderpreisen verkauft. Es ist auch vorgekommen, daß der Sequester
die ihm durch Dermittlung von Neutralen angebotene Sahlung zur Erfüllung von Der-
bindlichkeiten der sequestierten Häuser zurückgewiesen hat, um zu einer Dersteigerung
der ihm anvertrauten Werte schreiten zu können.
Unter noch weit schärferen Formen wird der Wirtschaftskrieg in den franz. Nolo-
nien und Hrotektoraten geführt. Die Sequestrationsmaßregeln zeigen hier ganz offenbar
den Sweck der gewaltsamen Liqu. aller deutschen Häuser. Es ist fast zur Regel geworden,
daß bier die Warenlager deutscher Untern. zu geringen Bruchteilen ihres Wertes ver-
schlendert werden; besonders kennzeichnende Fälle sind aus Oran, Madagaskar, Tonkin
und Saigon bekanntgeworden. In Saigon z. B. sind die großen Reismühlen einer
deutschen Firma im Werte von mehreren Millionen Mark zwangsweise von den Fran-
josen verkauft worden. Die zahllosen Mlagen der Geschädigten beweisen, daß es sich
bier nicht um einzelne Ausnahmen, sondern um ein System handelt.
England sollte ungestraft seinen Dernichtungsfeldzug gegen deutschen Hrivat-
besitz führen, und Frankreich selbst ist dem nicht nur nicht entgegengetreten, sondern hat
allen englischen Maßnahmen auf der Hariser Wirtschaftskonferenz ausdrücklich zuge-
stimmt und den Beschluß dieser Konferenz ratifiziert: „les maisons de commerce pos-
s dées du exploitècs par des sujets ennemis sur les territoires des Pays Alliés seront
toutes mises sous séqduestre ou Contröle; des mecsures seront prises a Ueffet de liquider
certaines de ces maisons, ainsi due les marchandlses qui en déependent
Die franz. Regierung kann nicht behaupten, daß damals im Juli lol#é, als diese
Zeschlüsse unter ihrer Mitwirkung in Haris einstimmig von unseren Gegnern gefaßt
wurden, auch nur einc einzige der in Deutschland befindlichen Untern. feindlicher Staats-
ungehöriger zur Swangsliquidation gebracht gewesen wäre. Diese Beschlüsse, die, wie
nochmals hervorzuheben ist, nicht nur die Sequestration, sondern auch die Tiqu. feindl.
Untern. ausdrücklich vorsehen, sind in Frankreich nicht auf dem Hapier stehengeblieben,
sondern es sind zahlreiche Fälle nachgewiesen, in welchen die franz. Sequester durch ihre
oben dargelegten Maßnabmen die Liqu. feindl. Untern. herbeigeführt haben.
Daß die franz. Regierung die offene Einführung eines allgemeinen Liqu Derf.
nicht deshalb vermieden hat, weil sie sich mehr als ihre Bundesgenossen an die völker-
rechtlichen Regeln über die Unantastbarkeit des Hrivateigentums gebunden gefühlt
bätte, wird durch die Tatsache bewiesen, daß ein großer Teil der deutschen Untern.
in Frankreich und den franz. Kolonien dem völligen Ruin zugeführt worden ist. Im
übrigen sind die wahren Ursachen, die das Herhalten der franz. Regierung bestimmt
haben, zu offensichtlich, als daß sie in ihrem Charakter verkannt werden könnten. Die
franz. Regierung wußte, daß sie für ihren Teil die von der Hariser Konferenz überein-
stimmend bekundete Absicht der gewaltsamen Vernichtung aller in friedlicher deutscher
Arbelt geschaffenen Werte auch ohne formelles Liqu Gesetz erreichen würde, da ihre-
Vriegebne Bd. 6. 49