Brotgetreide und Mehl aus der Ernte 1916. 115
Vorbemerkung. Die VO. vom 29. Juni 1916 (Röhl. 782) ist aufgebaut auf
der VO. vom 28. Juni 1915 (Rol. 363) und stellt sich dar als Neubekanntmachung
dieser V O. (Art. 1, 2 VO. vom 29. Juni 1916, RBl. 613). Die in Bd. 2, 278 mitgeteilten
Anderungen in der Ergänzungs VO. sind in den Text eingearbeitet, andere Verbesse-
rungen sind hinzugekommen. Die Gliederung der VO. ist beibehalten: I. Beschlagnahme
(5 1 bis 9), II. Reichsgetreidestelle (#s 10 bis 16 a), III. Bewirtschaftung des Broge-
treides (§& 17 bis 37), IV. Ausmahlen und Mehlverkehr, V. Verbrauchsregelung (ss§ 47
bis 61), VI. Ausführungsvorschriften, VII. UÜbergangs- und Schlußvorschriften (ss 62
bis 69). Die Ziffern der Paragraphen sind nicht verändert. Nötigenfalls jind neue Ab-
sätze und „à“-Paragraphen eingestellt oder Paragraphen als „forkgefallen“ bezeichnet.
Dadurch ist die Nutzbarmachung der zu der VO. vom 28. Juni 1915 (RE#l. 363) er-
gangenen Rechtssprüche und Meinungsäußerungen in erfreulicher Weise sichergestellt.
I. Beschlagnahme.
(zu vgl. Bd. 1, 588).
81.
Gegenstand der Beschlagnahme,
1. Die am 16. August 1916 vorhandenen Vorräte aus früheren Ernten sind vorbe-
haltlich einiger Ausnahmen in & 65 VO. mit dem Beginne des 16. August 1916 für den
Kommunalverband des Lageorts, reisende Vorräte für den Kommunalverband des Ab-
lieferungsortes beschlagnahmt. Seit dem 16. August 1916 ist in Deutschland kein beschlag-
nahmefreies Gelreide oder Mehl mehr im Verkehr mit Ausnahme der Ware, die nach-
weislich nach dem 31. August 1915 aus dem Ausland eingeführt ist (s§ 68 Abs. 1 VO.).
2. Oppenheimer-Dorn a. a. O. 15. Der Beschlagnahme unterliegen alle Sorten
von Brotgetreide, wie sie im Text aufgezählt sind, ferner Mengkorn, d. h. im Gemenge
gewachsenes Getreide, in dem sich außer Vrotgetreide andere Getreidesorten außer Haser
befinden (wie Gerste, Buchweizen). Mengkorn, in dem sich Hafer befindet, fällt unter
die Beschlagnahme der Haferverordnung. Mischfrucht, d. h. Getreide, das mit Hülsen-
selichten zusammen gewachsen ist, unterliegt ebenso wie Gemenge von Hülsenfrüchten
der Kraftfutterverordnung, ist auch Hafer darin enthalten, der Haferverordnung. Es
lommt aber immer darauf an, ob das Gemenge als solches angebaut worden ist (besonders
häusig Roggen mit vicia Villosa). Zufällig mitgewachsene geringe Mengen von Hafer
oder Hülsenfrüchten sind als „Besatz“ des Brotgetreides zu betrachten und kommen für
die Frage der Beschlagnahme nicht in Betracht. Die sog. Vogelwicke ist Unkraut, das
hiermit gemengte Getreide unterliegt der Beschlagnahme nach dieser VO.
Wird Brotgetreide nach der Ernte mit Hafer oder Hülsenfrüchten vermischt, so
ändert sich an den Beschlagnahmerechten, die vorher bestanden, nichls. Es handelt sich
um unzulässige Veränderungen im Sinne des §3 2. Falls die Täger der Beschlagnahmerechte
(Kommunalverband, Bezugsvereinigung deutscher Landwirke) keine andere gemeinschaft-
liche Bestimmung treffen, hat die Trennung auf Kosten des Besitzers zu erfolgen.
3. R. IV JW. 16 857; R. II Recht 16 196 Nr. 403; Recht 16 144 Nr. 297 (Bay.
Ob LG.). Auch Hinterkorn, nicht mehlfähiges und verdorbenes Getreide bleiben be-
schlagnahmt.
4. Oppenheimer-Dorn a. a. O. 1 7. Auch das im Wege des Ahrenlesens
gewonnene Getreide ist beschlagnahmt.
8 2.
Wirkung der Beschlagnahme.
1. Allgemeine Bedeutung (zu vgl. Bd, 1, 588; 2, 278).
a) Lehmann a. a. O. 11, 30. Die Beschlagnahme ist Sicherstellung für etwaigen
Bedarf, zwangsweise Bereitstellung zur weiteren endgültigen staatlichen Verfügung,
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