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tage unverändert angenommen worden sind. Für die erste Ansicht
spricht, dass die Verfassung des norddeutschen Bundes die nun-
mehr in Art. 7 Abs. 1 Ziff. 1 R.-V. dem Bundesrate ausdrücklich
statuierten Rechte noch nicht in der Allgemeinheit der jetzigen
Fassung ausdrücklich aufstellte, sondern nur in der Beschränkung
auf „die dem Reichstage vorzulegenden oder von demselben
angenommenen unter die Bestimmung des Art. 35 fallenden ge-
setzlichen Anordnungen einschliesslich der Handels- und Schiff-
fahrtsverträge“ (Nordd. B.-V. Art. 37 Abs. 1 Ziff. 1); hätte die
zuerst in den Versailler Verträgen vorgenommene Verallgemeinerung
der Bestimmungen dieses Artikels der norddeutschen Bundesverfas-
sungeine Aenderung desbisherigen Rechtszustandes bewirken sollen,
so wäre anzunehmen, dass dies damals besonders hervorgehoben
worden wäre; dies ist indes nicht geschehen, und so könnte man
zu dem Schlusse geneigt sein, das durch eine ausdrückliche Er-
klärung des Bundeskommissars v. SavIenY? für den ursprüng-
lichen Gedankengang der norddeutschen Bundesverfassung bestätigte
Prinzip, dass Bundesrat und Reichstag „die beiden gleichberech-
tigten Faktoren für die Reichsgesetzgebung“ sein sollten, sei nach
Jeder Richtung hin im geltenden Reichsstaatsrecht verwirklicht.
Nichtsdestoweniger trifft die entgegengesetzte Ansicht das Richtige.
Wenn das durch v. Savıany proklamierte Prinzip überhaupt jemals
allgemeine Anerkennung genossen hat, so ist es doch wenigstens
im Laufe der Entwicklung allgemein aufgegeben, natürlich nicht
in der Weise, dassrechtlich einer der beiden gesetzgebenden Faktoren
des Reiches etwas von seinem Anspruch verloren hätte, dass kein
Gesetz ohne oder gar gegen seinen Willen erlassen werde, viel-
mehr in der Weise, dass praktisch die Stellung des einen der
des andern überlegen geworden ist (Näh. hierzu unten). Es ent-
spricht der Anschauung des in seinem weit überwiegenden Teile
nicht nur monarchisch regierten, sondern auch monarchisch ge-
87 Sten. Ber. des konst. Reichstages S. 665.