384 4. Verwerlung der Rohstosse usw. XV. Speisefette, Milch und Käse.
völkerung an Frischmilch sichergestellt und im übrigen alle verfügbare Vollmilch zur
Fettgewinnung herangezogen wird.
Die Auffassung darüber, für welche Bevölkerungsgruppen Vollmilch zur Er-
nährung unentbehrlich erscheint, sind ebenso geteilt, wie die Auffassungen über die
Milchmengen, die den einzelnen Gruppen zu gewähren sind. Das Gesetz hat zur Rege-
lung dieser Frage einen Weg eingeschlagen, der von einer Reibe anerkannter Größen
aNuf dem Gebiete der Wissenschaft und der Hraxis für richtig gehalten ist. Es schafft
den Begriff der Vollmilchversorgungsberechtigten und rechnet zu ihm linder bis zum
vollendeten 6. Lebensjahre, stillende Mütter, schwangere Frauen in den letzten 3 Mo-
naten vor der Entbindung und Mranke; es gibt weiter den Kindern im 7. bis 14. Lebens-
jahre ein Dorrecht auf Suweisung von Dollmilch, soweit sie nach Deckung des Zedarfs
der Dollmilchversorgungsberechtigten noch vorhanden ist, und verpflichtet die Nommunal=
verbände und Gemeinden, innerdalb ihrer Bezirke den Milchverkehr so zu regeln, daß
jene beiden großen Gruppen der Vollmilchversorgungsberechtigten und der im Range
nach ihnen zu befriedigenden Dorzugsberechtigten unter allen Umständen ihren Bedarf
vor den übrigen Schichten der Bevölkerung erhalten.
Die Reichsstelle für Speisefette, der die Zewirtschaftung der Speisefette und
der Milch und die allgemeine Derkehrsregelung auf diesen Wirtschaftsgebieten über-
tragen ist, bestimmt die Mengen, die für die Dollmilchversorgungsberechtigten sicher zu
stellen sind. Diese Mengen, die auf Grund statistischer Unterlagen für die einzelnen
Gemeinden oder Kommunalverbände berechnet werden, sollen den Bedarfsbezirken
auch nach Möglichkeit sichergestellt werden. — Menn auch die Milcherzeugung einen
starken Rückgang erlitten hat und vielleicht in den Wintermonaten einen weiteren Rück-
gang erleiden wird, ist doch die Zoffnung berechtigt, daß in den weitaus meisten Ge-
bieten unseres Daterlandes die Dollmilchmengen sich beschaffen lassen, die hierfür er-
forderlich sind. Eine Reihe von Vorschriften des Gesetzes bietet die Handhabe, die Milch
dahin zu leiten, wo sie gebraucht wird, und so dürfte auf diesem Gebiete der Volkser-
nährung wirkliche Tot nicht eintreten. Weil alle Stellen von der UÜberzengung durch-
drungen sind, daß die oben genannten vollmilchversorgungsberechtigten Zevölkerungs-
gruppen ohne angemessenc Mengen von Oollmilch nicht leben können, ist davon ab-
geseben worden, das in dieser Dollmilch enthaltene Fett ibnen anzurechnen und dem-
entsprechend ihren Fettbezug zu kürzen. Ebensowenig wird selbstverständlich dem
Uommmnalverbande bei der Guweisung seines Gesamtfettbedarfs das in jener ollmilch=
menge enthaltene Fett in Ansatz gebracht. Da die örtlichen Lebensbedingungen außer-
ordentlich verschieden sind, wird den KNommunalverbänden die ausdrückliche Befugnis
erteilt, nach ihrem Ermessen jene für die Vollmilchversorgungsberechtigten errechneten
Dollmilchmengen auf Kinder und Nranke so zu verteilen, wie sie es nach bestem Wissen
und Gewissen für zweckmäßig halten.
Alle Hollmilch, die über jenen Bedarf der Dollmilchversorgungsberechtigten
binausgeht, muß grundsätzlich für die Fettgewinnung in Anspruch genommen werden,
und wenn sie trotzdem zum unmittelbaren menschlichen Derbrauch benutzt wird, wenig-
stens nach Maßgabe ihres Fettgehaltes zur Anrechnung kommen, und zwar sowohl
dem Kommunalverband gegenüber bei der Aufstellung seines Bedarfs an Speisefetten,
als auch dem Derbraucher gegenüber. Für die Dolkswirtschaft wird das zur Folge
haben, daß in viel stärkerem Maße als bisher die billigere und doch so nahrhafte Mager-
milch sich Eingang in die Haushaltungen verschaffen, aber zu einem großen Teil auch
ihren Weg in die Käsereien finden wird. Allerdings bleibt es eine schwierige Aufgabe,
die Zum unmittelbaren Derzehr bestimmte Magermilch so zu behandeln und so zu ver-
teilen, daß sie süß und gesund in die Hände der Derbraucher gelangt. Aber auch bier
werden sich Mittel und Wege finden, damit dieses Siel erreicht wird.
Daß auf allen Gebieten, wo vielleicht früher bei der Derwendung von Milch
nicht mit der nötigen Sparsamkeit vorgegangen ist, in Sukunft tunlichste Beschränkung
geübt werden muß, ist klar. Deshbalb bleiben alle die einschränkenden Bestimmungen