VO. über Gerste aus der Ernte 1916. 88 8, 9. 419
Als landwirtschaftlicher Betrieb ist jede einheitlich bewirtschaftete Grundstücks-
gesamtheit anzusehen. Gleichgültig ist, ob es sich um einen Hauptl- oder Nebenbetrieb,
z. B. neben Provinziallrrenanstalten und Stiftungen handelt.
2. Oppenheimer-Dorn a. a. O. II 46. /10 der Gerstenvorräte aus der dies-
jährigen Ernte darf der Unternehmer stets im eigenen Betriebe unbeschränkt in jeder für
zweckmäßig erachteten Art verwenden, insbesondere kann er sie zur Aussaat, zum Verfü#-
tern und zur Zubereltung von menschlicher Nahrung verwerten. Dabeli ist aber zu beachten,
daß nicht die Herstellung des Futters und der Nahrungsmittel, sondern erst die Verfütte.
rung oder der Verzehr die Verwendung im Sinne der VO. darstellt, die im eigenen Be-
triebe erfolgen muß. Eine Veräußcrung derartiger Futter= oder Nahrungsmittel ist da-
her unzulässig und nach § 10 Nr. 2 strafbar.
3. Über das Wesen der Mahlkarte s. S. 422 zu § 20.
4. Oppenhelmer-Dorn a. a. O. II 49. Zur Herstellung von Futterschrot für
den eigenen Belrieb bedarf es nach dem Wortlaut der Vorschrift keiner Mahlkarte.
5. Oppenheimer-Dorna. a. O. II 51. Das Recht zur Verwendung und zur Ver-
arbellung schließt die Besugnis zur Vornahme aller erforderlichen Vorbereitungshand-
lungen ein; einer besonderen Zustimmung des Kom Verb. bedarf es hierzu nicht. Der
Unternehmer kann die Gerste umlagern, säubern und — soweilt nicht das Erfordernis
der Mahlkarte besteht — auch vermahlen oder vermahlen lassen.
Als zugelassene Vorbereitungshandlung ist auch im Falle des Abs. 2 die Ubersen-
dung von dem landwirtschaftlichen Betriebe an den Kontingentsbetrieb desselben Unter-
nehmers anzusehen. Dies gilt aber unbeschränkt nur, wenn die Betriebe in demselben
Kon Verb. liegen. Ist der Kontingentsbetrieb der Nebenbetrieb eines über zwei Kom Verb.
sich erstreckenden landwirtschaftlichen Betriebes, so bedarf es nach z 5 nach dem Hinüber-
schaffen in den anderen Kom Verb. einer Anzeige an beide Kom Verb. Sind die Betriebe
selbständig und in verschiedenen Kom Verb. belegen, so ist die Versendung trotz der Ver-
arbeitungserlaubnis von der Zustimmung des Kom Verb. abhängig.
88.
1. Oppenheimer-Dorna.Ca. O. 1157. Als Verwendung ist allein die abschließende
Verwendung, das Berfüttern, Verzehren und in Kontingentsbetrieben die Herstellung
des endgültigen Betriebserzeuguisses — bei Brauereien also des Bieres — anzusehen.
Zwischenerzeugnisse, bei Brauereten das Malz, sowie Nahrungsmittel, die für den eigenen
Bedarf hergestelll sind, unterliegen nach wie vor der Beschlagnahme.
2. Oppenheimer-Dorn a. a. O. II 58. Mit der Beendigung der Beschlagnahme
fallen alle Veränderungs- und Verfügungsbeschränkungen und die zu ihrer Sicherung
dienenden Strasvorschriften fort; auch die Zwangsvollstreckung in die Vorräte wird wieder
zulässig. Streitigkeiten über sic slud im ordentlichen Rechtswege zu verfolgen.
89.
Oppenheimer-Dorn a. a. O. I1 59. Um alle diese Streitigkeilen zu erfassen,
bestimmt die VO., daß es genügt, wenn die Streiligkeit sich „aus der Anwendung“ der
Beschlagnahmevorschriften „ergebe“. Dieser Zusammenhang ist aber auch erforderlich.
Sind die Rechte und Pflichten aus der Beschlagnahme nicht unmittelbar Gegenstand
des Streits, tritt etwa der Zweifel bei der Entscheldung eines Rechlsstreils zwischen dem
von der Beschlagnahme Betroffenen und einem Dritten als Vorfrage auf, so ist dem Ge-
richte die Entscheidung darüber nicht entzogen. Die Einholung einer Vorentscheidung der
Berwaltungsbehörde ist nicht erforderlich. Ist aber dle Frage von der Verwallungsbehörde
bereits gemäß § 9 entschieden, so muß das Gericht den Umstand berücksichtigen, daß der
Unternehmer daran schlechthin gebunden ist.
Soweit Zweifel über die Anwendung der Beschlagnahmevorschriften im Straf-
verfahren (§ 10) auftreten, ist das Strafgericht in seiner Entschlleßung grundsätzlich von
der Aufsassung der Verwaltungsbehörde nicht abhängig und zur Einholung einer Vor-
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