Full text: Kriegsbuch.Vierter Band. (4)

Überführung der Kriegs= in die Friedenswirtschaft (Reichstagsbericht). 651 
uns und unserer Volkswirtschaft jebt auserlegt sind, sobald wie möglich wieder heraus- 
zukommen, daß wir versuchen müssen, auf dem Wege der freien wirtschaftlichen Ini- 
tiative zu cinem neuen Aufbau unserer Vollswirtschaft zu gelangen. 
Nun, meinc Herren, zu der „Ubergangswirtschaft“, zu dem Weg, der uns 
aus den heutigen Verhältnissen in die Friedenswirtschaft hinüberführen soll! üÜber 
das Ziel habe ich schon eine Andeutung gemacht. Ich glaube, das Ziel kann nur die 
Rückkehr zu einem Gleichgewicht der wirtschaftlichen Kräfte in Kapital und Arbeit und 
zur freien Initiative dieser wirtschaftlichen Kräftc sein. Das kann natürllich nicht von 
heute auf morgen erreicht werden. Es kann auch nicht in der Weise geschehen, daß wir 
erklären: wenn der Frieden geschlossen ist, kommt alles, was während des Krieges auf- 
gebaut ist, und kommen alle Einrichtungen, die auf den Krieg zugeschnitten waren, in 
Wegsall. Damit ist nicht geholfen. Aus dieser gewaltigen Umschichtung aller Ver- 
hältnisse in bezug auf Arbeit, Kapltal und wirtschaftliche Organisationen, in der wir 
uns befinden und die zum größten Teil durch staatlichen Zwang herbeigeführt worden 
ist, werden wir auch nur wieder unter staatlicher Führung herauskommen; ebenso 
wie eine Reihe von staatlichen Maßnahmen erforderlich war, um aus der Friedens- 
wirtschaft in die heutlge Krlegswirtschaft zu gelangen, wird eine Reihe solcher Maß- 
nahmen notwendig sein, damit wir ohne große Gefahr für unsere Volkswirtschaft wieder 
den Rückweg finden. 
Wenn ich zuerst auf das Gebiet der Arbeit kommen darf,. so muß ich sagen, daß 
hier vor uns das riesengroße Problem der UÜberführung der vielen Millionen Soldaten 
in die Friedenswirtschaft steht. Dieses Problem ist mit einer Reihe von Nebenfragen 
verbunden, die einen Bestandteil dieses großen Gesamtproblems bilden. Vor allem 
stehen wir vor dem Problem, die notwendige Beschäfltigung für diese vielen, wleder 
zur Friedensarbeit zurücklehrenden Männer zu finden und die Millionen von Arbeits- 
kräften richtig und zweckmäßig auf die Arbeitsgelegenheilen zu verteilen. Ferner haben 
wir die nicht minder wichtige Aufgabe zu bewältigen, die Kriegsbeschädigten, die heim- 
kehren und an ihrer körperlichen Arbeitsfählgkeit gelitten haben, möglichst wieder zu 
nützlichen Mitgliedern unserer staatlichen Gesellschaft und unserer Volkswirtschaft durch 
Heilmethoden und ähnliche Maßnahmen zu erziehen. Das ist jedoch eine Angelegen- 
helt, die weniger diesem Ausschuß als andere Ausschüsse des Reichstags beschäftigen 
wird, wo auch schon wiederholt über diese Dinge gesprochen worden ist. 
Dann kommt die andere große Frage: wie steht es mit den zahlreichen Frauen, 
die heute in Berufen lätig sind, wo früher Männer tätig waren, und die — darüber 
wollen wir uns doch klar sein — sich auf die Dauer nicht für diese Beruse eignen. Ahn- 
lich steht es mit den Jugendlichen. Auch hier werden Eingriffe vorgenommen werden 
müssen, und das wird auch nicht ohne Reibungen und Härten abgehen, wenn man auch 
im großen und ganzen sagen kann, daß eine Rückblldung auch im Interesse der Ge- 
sundheit nicht nur unserer Volkswirtschaft, sondern auch unserer ganzen Volksgemein- 
schaft unbedingt notwendig ist. Wir zehren ja an diesem Kriege, auch war die mensch- 
liche Arbeitskraft und die Volksgesundheit betrifst, vom Kapital und arbeiten aus Kosten 
der Zukunft, um die großen Aufgaben des Tages zu leisten, um durch diese Weltkata- 
strophe, die wir erleben, überhaupt hindurch zu kommen, um uns als Volk und Nation 
zu erbalten. Deshalb müssen eben manche Opfer zu Lasten der Zukunft gebracht werden. 
Wir sind uns klar darüber, daß wir die Arbeitskraft der Frauen und der Jugendlichen 
heute über das Maß hinaus anspannen, das auf die Dauer erträglich ist. Hier handelt 
es sich also nicht nur darum, Arbeitspläte für die zurückgekehrten Männer freizumachen, 
sondern auch wieder ein Gleichgewicht in der Vertellung der Arbeit für Männer und 
Frauen, für Erwachsene und Jugendliche zu schaffen, das der Volksgesundheit zuträglich 
ist. Ich wiederhole, daß das nicht ohne Härten abgehen wird; denn die Frauen, die 
sich an die hohen Löhne und an das selbständige Arbeiten gewöhnt haben, werden sich 
natürlich nicht immer leicht und freiwillig in die alten Verhältnisse zurückfinden. Auch 
hier stehen uns also große Aufgaben bevor. Natürlich kommt dazu auch die Wieder-
	        
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