Full text: Kriegsbuch.Vierter Band. (4)

666 5. Ubergangswirtschaft. 
stoffversorgung unter staatlicher Kontrolle, Schaffung eines besonderen Dezernals hier- 
für im Reichsamt für Ubergangswirtschaft. Der Zentralverband des Deutschen 
Großhandels spreche sich gegen einen großen Teil der kriegswirtschaftlichen Maßnahmen 
aus und fordere, daß dem Handel die volle Bewegungsfreiheit sobald als möglich zurück- 
gegeben werde und daß er bei der Übergangswirtschaft als voller, gleichberechtigter Faklor 
zur Geltung komme. Der Hausabund wünsche Reglementierung der Einfuhr von Roh- 
stoffen durch Rohstoffsyndlkate, aber nicht unter Leitung der Reichsbehörden, sondern mit 
möglichster Selbständigkeit. Reichskommissare sollten nur mit beratender Stimme und 
Einspruchsrecht gegen die gefaßten Beschlüsse zugelassen werden, über den Einspruch 
solle eine besondere Instanz entschelden; ferner sei wünschenswert eine monopolartige Or- 
ganisation der Einfuhr an Fertigfabrikaten während einer Übergangszeit, um eine Uber- 
schwemmung mit Fertigfabrikaten zu verhindern. Diese Organtsation solle ähnliche Be- 
sugnisse wie die Zentraleinkaufsgesellschaft erhalten. Die Handelskammer Berlin 
betone die Schwierigkelten der Rohstoffversorgung und rege an, eventuelle Kriegsentschä- 
digung in Rohstoffen bezahlen zu lassen, besonders in Wolle, Baumwolle, Getreide, Ol- 
saat, Mineralöl, Nickel usw. Sie wünsche zur Vermeidung von Preistreibereien und Un- 
gleichheiten bei der Verteilung der Rohstoffe eine Verteilung von Rohstoffen zu Halb- 
fabrikaten, die eingeführt werden, nach Grundsätzen der Gemeinnütigkeit und Billigkeit. 
Weiter wünsche die Handelskammer Einbeziehung Osterreich-Ungarns in diese Verteilung, 
Reglementierung der Einfuhr nur als Übergangsmaßregel und nur solange als unbedingt 
nötig, eine Reichseinfuhrstelle zur Prüfung des Bedürfnisses der Einfuhr mit Hilfe von 
Vertrauensorganisationen der einzelnen Branchen, Fernhaltung aller Artikel, für die 
kein anerkanntes Bedürfnis, durch Einfuhrverbot, Verbot der Luxuseinfuhr insbesondere, 
Ausfuhrverbot für alle Rohstoffe, die für die Inlandsversorgung notwendig selen. Die 
Verteilung der beschränkten Einfuhr an Rohstoffen solle auf Grund berechtigten Anspruchs 
(Friedensbedarf, Maschinenzahl) einer Rohstoff-Einfuhrgesellschaft übertragen werden. 
Alle diese Maßnahmen sollten gemeinsam mit OÖslerreich-Ungarn auf Grund eines Ver- 
teilungsmaßstabs erfolgen. Die Einfuhr von Halb- und Fertigfabrikaten solle nur, so- 
weit notwendig, zugelassen werden, sie halte aber diese Gesahr nicht für groß und 'sei ge- 
neigt, den freien Verkehr bald zuzulassen. Zusammenfassung der Wünsche der Handels- 
kammer Berlin: Eingriff in den freien Handel und Beschränkung der Nachfrage sei auf 
dem Auslandsmarkte nicht nötig bei: Wolle, Flachs, Hanf, Seide, Häute, Gerbstosfen, 
Tabak, Bauholz und Edelhölzern, ebenso nicht bei Mineralöl, sie sei aber für Regelung 
der Verteilung für die letzteren, sei ferner auch für den freien Einkauf von Baumwolle, 
Jute und Metallen, wünsche aber die Kontingentierung der Einfuhr wegen des Schiff- 
raumes, halte bei Jute und Metallen auch die Regelung der Verteilung für nötig. Für 
Fette, Ole, Gummi, Chemikalien, Gruben- und Papierholz halte die Handelskammer 
die Zentrallsierung des Einkaufs und der Verteilung für notwendig. Ferner werde ge- 
wünscht: zeitweilige Unterbindung der Einfuhr von Kohlen und Maschinen und eine För- 
derung der Kohlenausfuhr durch besondere Organisationen. Alle diese Maßnahmen sollten 
mur so lange gelten, als sic unbedingt notwendig seien. Der Kriegsausschuß der deut- 
schen Industrie wünsche Regelung der Einfuhr von Rohstoffen und Halbfabrikaten, 
wobei die private Initiative jedoch in den Vordergrund treten solle und solle die Rege- 
lung auch allen unnötigen Zwang vermeiden, also keine behördliche Organisation sein. 
Demgemäß wünsche der Ausschuß andere Organisation als die bestehenden kriegswirt- 
schaftlichen Ausschüsse, eine wirkliche Selbstverwaltung. Einkaufssyndikate für jede Art 
RKohstoff und Verteilungsgesellschaft. 
Fasse man die sieben vorliegenden Petitionen zusammen, so ergebe sich, daß sie, 
abgesehen vom Verband der Großhändler, der so bald als möglich volle Bewegungs- 
freiheit wünsche, sämtlich anstreben: 1. eine Regelung der Rohstoff= und Halbfabrikate- 
Einfuhr mit Beschränkung auf das Notwendige, 2. eine gerechte Verteilung dieser Ein- 
fuhr auf die beteiligten Gewerbe, 3. eine zeitweilige Einschränkung der Einfuhr von Fertig- 
fabrikaten zum Schutz der heimischen Erzeugung. Bezüglich der Durchführung dieser
	        
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