Full text: Kriegsbuch.Vierter Band. (4)

Versolgung von Zuwiderhandlungen gegen Vorschriften über wirtschaftliche Maßnahmen. 731 
bestimmten den Mißbrauch ausschließenden Doraussetzungen der Einwand des strafrecht= 
lichen Irrtums im Strafverfahren zugelassen wird. Die Derordnung geht diesen Weg. 
Nach & 1 der Derordnung kann die Staatsanwaltschaft bei Suwiderhandlungen gegen 
Vorschriften, die auf Grund des & 5 des Gesetzes über die Ermächtigung des Zundesrats 
zu wirtschaftlichen Maßnahmen usw. vom 4. August 1014 ergangen sind oder noch er- 
gehen, die Einstellung des Ermittlungsverfahrens wegen Strafrechtsirrtums. dadurch 
berbeiführen, daß sie bei dem Amtsrichter einen entsprechenden Antrag stellt. Der 
Beschluß des Amtsrichters, das Derfahren einzustellen, ist unanfechtbar und hat insofern 
Rechtskraftwirkung, als nach der Einstellung das Derfahren nur auf Grund neuer Tat- 
sachen oder Beweismittel aufgenommen werden kann. Ist die öffentliche Mlage erhoben 
und erachtet das Gericht die Doranssetzung des §#1 für gegeben, so hat es, wie &2 bestimmt, 
die Eröffnung des Zauptverfahrens abzulehnen oder, wenn Voruntersuchung geführt 
ist, den Angeschuldigten außer Derfolgung zu setzen; ist Strafbefehl beantragt, so hat das 
Gericht den Antrag abzulehnen. Ergibt die Hauptverhandlung, daß die Voraussetzungen 
des & 1 vorliegen, so ist der Angeklagte freizusprechen. Die Derordnung nimmt hiernach 
Vorschläge auf, welche die Strafrechtskommission für das Gesamtgebiet des Strafrechts 
gemacht hat. Der Entscheidung über diese Dorschläge will sic nicht vorgreifen. Die 
Regelung findet ihre Rechtfertigung in den besonderen Derhältnissen während des 
Krieges. Deshalb beschränkt sie sich in Ubereinstimmung mit den Vorschlägen des Reichs- 
tags auf Vorschriften, die während der Mriegsdauer auf Grund des 95 des Ermächtigungs- 
gesetzes ergangen sind oder noch ergehen. Ein dringendes Bedürfnis, darüber hinaus- 
zugelten, besteht nach Lage der Rechtsprechung zurzeit nicht. 
Diese Regelung bietet die Gewähr, daß die Frage, ob eine Handlung gegen eine 
Kriegsbverordnung verstößt, im Strafverfalhren von den schon jetzt zuständigen Stellen 
geprüft und daß bei der weiteren Frage, ob bei Unkenntnis der Gesetzesbestimmung 
Strafe eintreten soll, auf das Verschulden im Einzelfall abgestellt wird. Da die Ene- 
scheidung über diese Fragen und die Einstellung des Verfahrens bei unverschuldeter 
Unkenntnis schon im Ermittlungsverfahren zugelassen wird, so entfällt auch der Einwand, 
daß man dem, der unverschuldet gegen eine Kriegsverordnung verstoßen habe, nicht 
zumuten könne, erst eine Gerichtsverhandlung über sich ergelen zu lassen, bevor er zu 
seinem Rechte komme. Auch ist dann nicht zu befürchten, daß die Gerichte durch die 
Untersuchung der Frage der Verschuldung übermäßig belastet werden. 
Unter die Vorschriften, die auf Grund des & 5 des Ermächtigungsgesetzes ergangen 
sind, fallen nicht bloß Verordnungen des Bundesrats, sondern auch Anordnungen 
anderer Stellen, insbesonderc des Reichskanzlers und des Kriegsernährungsamts, 
soweit sie in ihrer bindenden Kraft auf das Derordnungsrecht des Zundesrals zurück- 
gehben. Auch das Gesetz über die Höchstpreise (6 6 in der Fassung der Belkanntmachung 
vom 25. März lolé — RGBl. 185 —) fällt darunter. Der Jrrtum muß sich auf die 
Strafbarkeit der Handlung bezieben, sei es, daß das Strafgesetz nicht gekannt oder zu 
Unrecht auf den gegebenen Fall nicht für anwendbar erachtet wurde; der Täter muß 
infolge des Jrrtums die Tat für erlaubt gehalten haben. Wer trotz des Jrrtums mie 
dem Bewußtsein des Unerlaubtseins, der Rechtswibrigteit, gehandelt hat, verdient keinc 
Berücksichtigung. Der Irrtum muß weilerhin ein unverschuldeter sein. Mit dieser Dor- 
schrift soll zum Ausdruck gebracht werden, daß der Einwand Ses strafrechtlichen Irrtums 
nur dann zu berücksichtigen ist, wenn durch die von Amts wegen ersoigende Zeweis- 
aufnahme, deren Ergebnis der Richter frei zu würdigen hat, der Beweis des klicht- 
verschuldens erbracht wird. Dies wird in der Regel der Fall sein, wenn der Beschuldigte 
nachweisen kann, daß er vor der Dornahme der lsandlung die Ausbunft ciner zuständigen 
Behörde oder eines zuständigen Beamten oder einer der zahl eichen nichtamtlichen 
Auskunftsstellen eingeholt und die Auskunft erhalten hat, die Handlung sei erlaubt, 
es wäre denn, daß der Beschuldigte die Auskunft als unrichtig erkannt hat oder daß ihm 
sein Vertrauen auf ihre Richtigkeit als Derschulden angerechnet werden kann. Das iel, 
das der Reichstag bei seiner Beschlußfassung im Auge halte, wird Biernach auf dem Wege. 
der Verordnung in zweckentsprechender Weise erreicht.
	        
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