Bek. gegen übermäßige Preissteigerung v. 23. Juli 1915. 8 6. 169
##%#. IW. 17 243 (Dresden III). Auch ein Verkauf zu dem der Marktlage ent-
sprechenden Preise ist strasbar, wenn ein alter Restbestand vorlag; der früher erheblich
billiger eingekauft worden war. Daß der Restbestand gering war und nicht mehr ergänzt
werden konnte, ist belanglos — hierzu Alsberg, das. 243 —.
a/e. Mecklg. 35 125 (Rostock). Es kann die Marktlage wohl mit dafür verwertet
werden, um einen Gewinn als übermäßig zu bezeichnen, aber umgekehrt kann die An-
gemessenheit eines Gewinns, der sich bei Verücksichtigung des vom Verkäufer gezahlten
angemessenen Einkaufspreises nach seinen Verhältnissen als ein abnorm hoher darsiellt,
nicht daraus hergeleitet werden, daß der Verkaufspreis dem Marktpreis entsprochen hat.
#/#,G. V. JW. 17 485. Nach den Feststellungen des LG. waren in dem be-
nachbarten Westfalen Höchstpreise für Speck festgesetzt, welche um nicht weniger als ein
Drittel hinter den hier in Frage kommenden Marktpreisen zurückblieben. Diese eigen-
artigen durch den Krieg veranlaßten Zustände hat der Angeklagte ausgenutzt, um große
Mengen Speck zu besonders niedrigen Preisen einzukaufen und sofort kosten- und mühe-
los zu besonders hohen Preisen wieder zu verkaufen. Er hat sich also nach der erkennbaren
Auffassung des LG. gerade dadurch, daß er den Verkauf zum Marktpreise vornahm, auf
Kosten seiner Abnehmer einen Gewinn verschafft, den er ohne den Krieg nicht gemacht
haben würde.
aBacharach, RuW. 17 147. Das maßgeblichste Kriterium für den „über-
mäßigen“ Gewinn ist die Marktlage; diese aber bildet sich nur bei Vorhandensein
eines Wettbewerbs, sei es einer freien, völlig unbegrenzten, oder wenn auch einge-
schränkten, so doch noch selbsttätig wirkenden; unmöglich ist er aber da, wo ein geschlossener
Kreis von Unternehmern, wie das Kartell, den in Frage stehenden Produktionszweig
vollständig oder nahezu vollständig beherrscht. Es muß daher bei den Kartellen der über-
mäßige Gewinn nach anderen Kriterien bemessen werden: man wird vor allem hierfür
in Erwägung ziehen müssen, ob und in welchem Umfang die Preise der zur Herstellung
des Erzeugnisses ersorderlichen Materialien gesteigert sind, serner auch den Gesichts-
punkt, ob und zu welchem Preise die Verbandsunternehmer (Kartellmitglieder) diese oder
jenc für die Fabrikation erforderlichen Bestandteile in Zukunft zu bezicehen vermögen,
also das Moment der Vorkalkulation; denn nicht die Preise, wie sie beim Geschäftsabschluß
für die einzelnen Bestandteile handelsüblich waren, sondern wie sie nach einer voraus-
sichtlichen Schätzung der weiteren Preisentwicklung in Zukunft zu zahlen waren, müssen
bei der Nachprüfung der Ubermäßigkeit des Gewinns in Rechnung gezogen werden.
Grundsätzlich aber wird bei den Kartellen, wenn andere Gesichtspunkte, wie z. B. die
vorerwähnten, nicht gegeben sind, Maßslab für den nicht übermäßigen Gewinn sein,
daß der Gewinn (Verkaufspreis) mit der allgemeinen Kriegsnot und dem Schutz der
Verbraucher gegen übermäßige Verkaufspreise nichts zu tun hat, also nicht auf einer
Ausnügtzung der Kriegsnot der Konsumenten beruht und sohin nicht mit den Grundsätzen
des Sittengesetzes in Widerstreit gerät.
a“#d# Heslenfeld, Recht 17 62. Die Ansicht, daß bei Einhaltung des Marktpreises
eine Ubermäßigkeit des Gewinns dann nicht vorliegt, wenn die Marktlage das normale
Produkt der Kriegswirtschaftsverhältnisse ist, kann nicht als richtig anerkannt werden.
Sie berücksichtigt in einseitiger Weise die Interessen der Gewerbetreibenden und wird dem
Zweck der BRVO. nicht gerecht. Im Frieden regeln Angebot und Nachfrage die Preise.
Deshalb setzt die Gewerbeordnung den Gewerbetreibenden bei der Preisbildung keine
Schranken. Im Kriege bleibt die Nachfrage nach den Gegenständen des täglichen Bedarfs
im wesentlichen die gleiche wie im Frieden, das Angebot dagegen wird infolge der Waren-
knappheit geringer, und so entfällt die preisregelnde Konkurrenz. Der Marktpreis im
Kriege ist durch die Kriegsnot und die durch sie geschaffene Konjunktur beeinflußt. Die
BRVO. will aber gerade verhindern, daß diese Konjunktur von den Gewerbetreibenden
ausgenutzt wird zur Erzielung eines Gewinns, den sie ohne den Krieg nicht gezogen hätten.