Full text: Kriegsbuch. Fünfter Band. (5)

170 C. Handelssachen und Gewerbliches Elgentum. 
Ga/co, Lobe a. a. O. 15. Der Marktpreis im Kriege muß sich gegenüber dem im 
Frieden für die Gegenstände des täglichen Bedarfs im Sinne der B-i#O. v. 23. 3. 16 
völlig verschieden gestalten. Auf beiden Seiten, sowohl der des Verkäufers als der des 
Käufers, kommen nämlich im Kriege nur mehr die preissteigernden Umstände noch in 
ungehinderter Weise zur Wirkung, die preisermäßigenden aber sind ausgeschaltet. Während 
im Frieden die reichliche Warenmenge und ihre Vermehrungsmöglichkeit unter Anpassung 
an den Bedarf die Entstehung eines Wettbewerbs unter den Verkäufern schuf, der das 
Streben nach möglichst hohen Reingewinnen in angemessenen Grenzen hielt, bringt 
die durch den Krieg hervorgerufene Warenknappheit beinahc die Beseitigung jeder Kon. 
kurrenz mit sich. Der Verkäufer braucht nicht mehr zu fürchten, bei seinen hohen Preis- 
forderungen durch den Mitbewerber unterboten zu werden, und kann unbehindert durch 
ihn seiner Neigung nach hohen Gewinnen nachgehen. Ferner reicht der vorhandene 
Vorrat der Waren auf dem ganzen Markt nun auch nicht mehr, oder mindcslens nicht 
mehr in der bisherigen Menge für alle bisherigen Abnehmer aus, vielmehr muß eine 
Beschränkung eintreten. Da das Bedürfnis nach diesen Waren aber bei allen das gleiche 
bleibt, wie im Frieden, so liegt es auf der Hand, daß nunmehr die größere Kaufkraft den 
Ausschlag gibt. Damit wird einmal ein großer Teil der ärmeren Bevölkerung von der 
Bezugsmöglichkeit der Ware überhaupt zurückgedrängt oder doch zu übermäßigen Opfern 
veranlaßt, unter den Kaufkräftigen aber wieder entsteht ein Wettbewerb, der durch llber- 
bieten der Preise dem anderen Kauflustigen den Rang ablaufen läßt, nur um sich selbst 
die notwendige und geschätzte Ware zu sichern. Der geringore Vorrat wird somit immer 
mehr an die wenigen vorteilt, die die höchsten auch für ihre Kaufkraft noch möglichen 
Preise zahlen können, während die übrigen leer ausgehen. Der so gebildete Marktpreis 
ist dann freilich gleichfalls ein richtiger und durchaus nach volkswirtschaftlichen Gesetzen 
gebildeter Marktpreis. Er ist auf „einwandfreier und hinreichend breiter Grundlage“ 
durch Ausgleich von Angebot und Nachfrage gewonnen. Aber er ist ein Marktpreis, der 
dem Verläufer einen übermäßigen Gewinn bringt, eben weil er nur aus den Gewinn 
begünstigenden Faktoren gebildet wurde und die den Gewinn mäßigenden durch die 
besondere Wirtschaftslage des Krieges ausgeschlossen sind. Das ist das, waos das RG. 
als Notmarltlage bezeichnet. 
a#. Kirchberger a. a. O. 12. Schließt man sich der Begriffsbestimmung der 
Notmarktlage in der Rechtspr. des RG. an, so muß man zugeben, daß bei allen Gegen- 
ständen des täglichen Bedarss und wohl auch bei denjenigen des Kriegsbedarss, stets 
eine Notmarktlage vorliegt. Bei allen Bedarfsartikeln ist infolge des Krieges eine ge- 
wisse Knappheit eingetreten, während die Nachfrage aus wirtschaftlichen Gründen sich 
immer mehr steigert. Demnach muß man bei folgerichtiger Durchführung der von dem 
Reichsgericht vertretenen Auffassung zu dem Ergebnis gelangen, daß die Marktlage als 
entscheidender Faktor für einc rechtlich anzuerkennende Preisbildung überhaupt aus- 
scheidet. Damit aber verwandelt sich die in § 5 Nr. 1 der Preissteigerungsverordnung 
ausdrücklich vorgeschriebene Berücksichtigung der Marktlage in ihr Gegenteil. Diese UÜber- 
spannung des Begriffes der Notmarktlage ist mit dem Wortlaut und dem Sinn der Preis. 
steigerungsverordnung ebenso wie mit der doch keineswegs unbeachtlichen Auffassung 
des gesamten Handels unvereinbar. 
a“t. Kirchberger a. a. O. 26. Der Marktpreis gibt einen viel sichereren und ge- 
rechteren Maßstab für die Gewinnberechnung, als die kaufmännischen Gepflogenheiten 
widersprechende und praktisch auch nur mit einiger Sicherheit häufig gar nicht durchführ- 
bare Gewinnberechnung auf der schwankenden Grundlage der Gestehungslosten. Nur 
da, wo ausnahmsweise der Marktpreis als entscheidender Faktor ausscheidet und durch 
den Verkehrswert nicht ersetzt werden kann, sollte auf die Gestehungskosten zurückge- 
grissen werden. Das ist beispielsweise nach dem Wortlaut der Bundesratsverordnung 
auch dann notwendig, wenn die Gestehungskosten so groß sind, daß die Einhaltung des 
Marktpreises dem Verkäufer überhaupt keinen Gewinn mehr läßt. Denn wenn der Ver-
	        
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